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«Den Luzerner Frauen ist Heil widerfahren»

Geri Wyss 04. Oktober 2020

Zwei Tage nach der kantonalen Abstimmung über das Frauenstimmrecht war die Frau vollwertige Stimmbürgerin, schrieb der «Landbote». Lina Beck forderte die Frauen auf, nun am öffentlichen Geschehen teilzunehmen.

«Mit den Frauen in die Zukunft» betitelte der «Landbote» zwei Tage nach der Abstimmung über das Frauenstimmrecht auf Kantons- und Gemeindestufe den Leitartikel auf der ersten Seite. Jubelnd fuhr die Zeitung am 27. Oktober 1970 fort: «Den Luzerner Frauen ist Heil widerfahren.» Das männliche Vorrecht gehöre der Vergangenheit an. «Die Frau ist vollwertige Stimmbürgerin geworden.»

 

Daran gewöhnen müssen

Der «Landbote» war vom deutlichen Resultat überrascht, sprach von einem historischen Ereignis und gab zu bedenken: «An diese neue Situation werden sich Frauen und Männer erst noch gewöhnen müssen, denn selbstverständlich wurde der Frau nicht nur das Recht zur Stimmabgabe gegeben.» Sie werde in der Zukunft bei voller Gleichberechtigung mit den Männern mitbestimmen. «Man wird sich mit der Zeit daran gewöhnen müssen, dass Frauen in den Behörden Einsitz nehmen – und zwar nicht nur als gnädig Geduldete, sondern als Kandidatinnen mit völlig gleichen Chancen, gleichen Rechten und gleichen Pflichten.»

Gottlob, so fährt der Leitartikel fort, vollziehe sich dieser Wandel nicht in der radikalen Form einer Revolution. «Wir glauben nicht, dass nun die mündig gewordenen Frauen gegen alles Bisherige Sturm laufen und alles aus dem Gefüge bringen werden.» Die Frauen seien in den letzten Jahren mit den kommenden Aufgaben im öffentlichen Leben vertrauter geworden, und so würden sie sich nun allmählich noch besser einarbeiten, sich noch mehr interessieren und mit noch grösserer Anteilnahme die öffentlichen Belange verfolgen.

Gewappnet seien die Frauen «dank dem Wirken unserer Frauenvereine und Frauenorganisationen. Man wird in ihr künftiges Wirken Vertrauen haben dürfen».

 

«Die Hürde ist genommen»

In der gleichen Ausgabe des «Landbote» kommentierte Lina Beck-Meyenberger das Abstimmungsresultat. Die damals 77-jährige Surseerin war mit dem ehemaligen Stadtpräsidenten Jules Beck verheiratet und amtierte von 1941 bis 1957 als Zentralpräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds. Sie machte sich einen Namen als Verfechterin einer vorsichtigen Öffnung in Gleichstellungsfragen. Unter dem Titel «Die Hürde ist genommen» sprach sie von «der Erkenntnis der Notwendigkeit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Mann und Frau in allen Belangen des öffentlichen Lebens». Sie fuhr fort: «Der aufrichtige Dank gilt den einsichtsvollen Männern.»

Die Losung von Lina Beck lautete: «Das politische Interesse der Frau wecken und sie staatsbürgerlich ausbilden, damit sie mit realem Sinn und Verantwortungsbewusstsein an die Aufgaben herantrete, die ihr nun – nach langem geduldigem Warten – zugekommen sind.» Sie forderte jedoch die Frauen auf, eine gewisse Lethargie abzustreifen, aus kleinbürgerlicher Enge herauszutreten, vermehrt die Tagesereignisse zu verfolgen und am öffentlichen Geschehen Anteil zu nehmen. «Damit weitet sich ihr Blick, und ihre Frauenpersönlichkeit gewinnt an geistigem Volumen.»

 

Die Landeskirche war früher

1969 reichte die Konservative Volkspartei des Kantons Luzern (Vorgängerin der CVP) eine Volksinitiative für das Frauenstimmrecht auf Kantons- und Gemeindeebene ein. Für den «Landbote» als Quasi-Parteiblatt war damit die Richtung vorgegeben. Bereits im Januar 1970 schrieb die Surseer Zeitung von einem historischen Tag, denn am 18. Januar wählten Frauen – sowie erstmals 18- und 19-Jährige – erstmals im Kanton Luzern mit. Die Wahl betraf die Synodalen der römisch-katholischen Landeskirche Luzern.

Weiter berichtet der «Landbote» über «staatsbürgerliche Vorträge für Frauen und Töchter», die über die Aufgaben und die Arbeit des kantonalen Parlaments aufklärten. Der damalige Grossratspräsident, der Surseer Josef Egli, referierte. Im März bejubelte dann der «Landbote» das deutliche Ja der Walliser Männer zum Frauenstimmrecht. «Das Walliser Ja hat besonderen Wert. Denn es dürfte klar gemacht haben, dass der Bann gegen das Frauenstimmrecht auch in katholischen Kantonen, die man so gerne als besonders rückständig tadelt, gebrochen ist.» Auf dem Weg zum Frauenstimmrecht werde es jetzt keinen Halt mehr geben.

 

Pionierin Berta Bachmann

«Sursee hat die erste Kirchenrätin» vermeldete der «Landbote» Mitte April 1970. Fräulein Berta Bachmann wohnte im Rollhafen (oberhalb heutiger Campus Sursee, Gemeinde Oberkirch) und arbeitete als Arbeitsschullehrerin an der Hauswirtschaftsschule. Stadtpfarrer Franz Xaver Kaufmann würdigte die Wahl als «zeitgemässe, fortschrittliche Tat».

Im August publizierte der «Landbote» einen längeren Artikel über «50 Jahre Frauenstimmrecht in den USA» mit Seitenblicken auf die Frauenbewegungen und deren Ziele.

 

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