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«Es gehört auch ein wenig Glück dazu»

LuPol 25. September 2019

Weite Strecken und Schlaf unter den Sternen anstatt alltägliche Arbeit und bequemes Zuhause: Der Hildisrieder Jan Hutter begab sich von einem Traum gepackt auf ein grosses Abenteuer in die Vereinigten Staaten von Amerika. In 138 Tagen bewältigte er den 4265 Kilometer langen Pacific Crest Trail von der mexikanischen Grenze bis nach Kanada.

Die Idee, die vor wenigen Jahren durch einen Film geweckt wurde und als Wunschtraum aufkam, wurde für Jan Hutter Anfang April dieses Jahres endlich Realität: Mit Sack und Pack machte sich der damals 22-jährige Hildisrieder auf nach San Diego, um auf dem Pacific Crest Trail die 4265 Kilometer durch die USA von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze zu wandern. Dafür liess er Job, Wohnung, Freunde und Familie für rund fünf Monate hinter sich und lebte fernab der Zivilisation in freier Natur.

 

Vielfältige Natur

Das Leben auf dem Pacific Crest Trail lässt sich zwar schon mit dem Schweizer Berufsalltag vergleichen, jedoch unterscheiden sich die beiden Lebensformen trotzdem stark. Statt dem morgendlichen Piepston weckt die Sonne zu Tagesbeginn und anstelle von acht Stunden Arbeit ist man mit vielen Kilometern Distanz beschäftigt. Tag für Tag wanderte Hutter so durch die Weiten Amerikas. Seine Route führte vom Startpunkt San Diego durch das trockene Südkalifornien über das kalte Hochgebirge der Sierra Nevada bis nach Nordkalifornien. Von da durchquerte er die Bundesstaaten Oregon und Washington bis zum nördlichsten Punkt des Trails an der kanadischen Grenze – von der Wüste in den Schnee, von Bergen in Täler.

Der junge Wanderer teilte sich die Strecke bewusst ein und plante vorausschauend. Um seinen Körper an die hohe physische Belastung auf längere Dauer zu gewöhnen, startete Hutter mit täglichen ungefähr 25 Kilometern Distanz in die Herausforderung. Auch einzelne Ruhetage, sogenannte «Zero Days», trugen dazu bei, seinem Körper die nötige Entspannung zu gönnen und sich an den Alltag auf dem Trail zu akklimatisieren. Nach ein paar Wochen konnte ohne Bedenken die Zahl der Wegkilometer verdoppelt werden. Mit längeren Strecken kommen auch längere Wanderzeiten: «Irgendwann kann man sich in Sachen Geschwindigkeit nicht mehr steigern und ab da steuert man alles mit der Zeit, die man geht», erklärt Jan Hutter seine Berechnungen.

 

Gewicht für Geld

Um in der Wildnis zurechtzukommen, war allerhand an Ausrüstung notwendig. Und doch musste sich der Hildisrieder auf das Nötigste beschränken, um möglichst viel Gewicht einzusparen. Zudem galt es, sich auch bei Zelt, Schlafsack und Rucksack genau umzuschauen und zu informieren. «Entweder man zahlt oder man schleppt», so Hutter. Das war ein wichtiger Grund für ihn, für die Ausrüstung auch mal etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Das Grundgewicht an Material, welches er insgesamt auf dem Trail bei sich trug, konnte er auf acht Kilo reduzieren und so ein Minimum an Ballast mittragen. Zum Grundgewicht hinzu kamen jeweils Essen und Trinken für rund fünf Marschtage. Das Prinzip des Speiseplans des 22-Jährigen lässt sich einfach erklären: «Möglichst leicht, klein und viele Kalorien.» Dementsprechenden Anklang fanden deshalb Gerichte wie Instant-Nudeln oder Haferflocken, die besonders einfach zuzubereiten sind.

Die Nahrungsmittelbeschaffung erwies sich jedoch teilweise als mühsame Herausforderung. Da in Oregon und Washington nur wenige praktische Einkaufsmöglichkeiten in Trailnähe zu finden sind, liess sich der gelernte Schreiner eine einfachere Methode einfallen: Er schickte sich das Essen in Paketen simpel an verschiedene Poststellen in beiden Bundesstaaten, die nicht weit vom Weg entfernt sind. So konnte mit eigenen «Frässpäckli» viel Zeit und Geld gespart werden.

 

Bleibende Begegnungen

Zwar verbrachte Jan Hutter den grössten Teil des Tages allein, doch traf er immer wieder auf andere Wanderer: «Es sind so viele Leute unterwegs, dass es fast unmöglich ist, den ganzen Weg auf niemanden zu treffen.» Einige der Freundschaften, die dabei entstanden, konnten sich sogar bis über das Ende des Trails festigen und allgemein habe er viele freundliche Begegnungen machen dürfen, sagt Hutter. Die Leute in den Städten um den Trail seien äusserst hilfsbereit und herzlich mit ihm umgegangen. Nicht nur Mitfahrgelegenheiten zurück auf den Trail, sondern sogar Schlafplätze und Nachtessen seien ihm unterwegs angeboten worden, erzählt er in Erinnerungen schwelgend.

Auch tierische Begegnungen konnten gelegentlich gemacht werden. Klapperschlangen, die in einigen der Regionen eigentlich weit verbreitet wären, und Schwarzbären sah er nur äusserst selten. Auch Pumas, Kojoten und Wölfe waren nur an ihren Spuren entdeckbar. Dank ihrem Spürsinn hören und riechen die Tiere vorbeiziehende Wanderer schon lange bevor man sie selbst sichten kann. Dagegen seien Rehe und Hirsche oft gar nicht ängstlich zugegen gewesen und hätten sogar eher aufgeschreckt werden müssen, sagt der passionierte Wanderer.

 

Glück und Wille

In diesen 138 Tagen der Wanderschaft erlebte Hutter allerhand Schönes, aber auch Unangenehmes: Einmal tauchte ein Schwarzbär neben dem Wanderweg auf und unzählige Mücken machten ihm das Leben schwer. Trotz einigen Unannehmlichkeiten habe er nie ans Aufgeben gedacht, so Hutter, denn sein Plan sei seit Beginn gewesen, den ganzen Weg am Stück zu bestreiten. «Es gehört auch ein wenig Glück dazu», erklärt er überzeugt, denn nur eine unglückliche Verletzung könne dem Traum Pacific Crest Trail schnell ein Ende setzen. Zudem zählt auch ein starker Wille zu den Grundvoraussetzungen für den Weg. Mit dem nötigen Willen sei diese Herausforderung auch trotz der schweren physischen und psychischen Belastung machbar. Als besonders eindrückliches Beispiel dafür erzählt Hutter von einem stark übergewichtigen Wanderer, der seit über einem halben Jahr auf dem Trail unterwegs sei, um sein Gewicht zu reduzieren: «Der will das einfach und lässt sich von niemandem verunsichern.»

 

Zurück im Leben

Vor rund einem Monat kehrte Jan Hutter aus den Wäldern Washingtons wieder zu den Wäldchen Hildisriedens zurück. Es sei schon wieder eine ziemliche Umstellung, im alten Alltag zu wirken, sagt er. Zwar hat ihm das Leben in der Natur sehr gut gefallen, aber der Kontakt zu seinen Freunden und Verwandten und auch wieder «normales» Essen geniessen zu können, schätze er daheim wieder besonders. Vorerst geniesst er sein Leben wieder zu Hause, aber wer weiss wie lange, denn Hutters Abenteuerlust ist noch lange nicht gestillt …

 

Lesen Sie mehr über Jan Hutters Erlebnisse auf dem Pacific Crest Trail in seinem Blog unter
https://janhutter.ch

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