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Nächste Epoche des Wyberstegs kommt

Geri Wyss 24. Juni 2020

Die Einwohnergemeinde Nottwil erstellt einen verfallenen Seesteg wieder, in erster Linie für Fischer. Wybersteg heisst er im Volksmund. Warum, belegt ein Blick in die Vergangenheit.

In der Nähe des Bootssteges beim Bahnhof Nottwil stehen noch alte Pfähle im Wasser. Es sind Zeugen längst vergangener Tage, als sich dort Mädchen und Frauen im See abkühlten oder ein paar Züge schwammen. Dadurch hat dieser verfallene Zugang zum Wasser im Volksmund auch seinen Namen bekommen: Wybersteg. Diesen will die Gemeinde nun wieder aufbauen. Gemeindepräsident Walter Steffen begründet: «Es sind wiederholt Leute an uns herangetreten mit der Bitte, den Wybersteg wieder neu zu erstellen.» Der Steg entspreche einem Bedürfnis von Anwohnern, Erholungsuchenden und Fischern. Im Zuge der Aufgaben- und Finanzreform 2018 mit den neuen Zuständigkeiten hatte die Gemeinde jedoch eine Zeit lang zugewartet. «Es wäre denkbar gewesen, dass der Kanton den Steg im Rahmen der Ufersanierung und Gewässerraumausscheidung selber baut.»

 

Zwölf Meter langer Holzsteg

Doch nun macht die Gemeinde vorwärts – die Baubewilligung liegt bereits vor. Bis spätestens im September soll der neue Wybersteg stehen. Laut Bauvorsteher Marcel Morf geht die Gemeinde von schätzungsweise 40’000 Franken für den Bau aus. «Es wird ein einfacher Holzsteg mit einer Länge von rund zwölf Metern und knapp eineinhalb Metern Breite, führt Morf aus. Er gibt sich erfreut, dass von Seiten des Kantons unkompliziert Hand geboten worden sei.

 

Früher ein Steg pro Geschlecht

Der Wybersteg war bis in die 70er-Jahre von den Mädchen und Frauen genutzt worden, oftmals auch während des Turnunterrichts. Später entstand die heutige Nottwiler Badi nördlich des Bahnhofs. In der Nähe des Wyberstegs, vis-à-vis vom Bahnhofsgebäude, befindet sich ein weiterer Steg, der heute vom Carribean Village genutzt wird. Dort, wenige hundert Meter vom Wybersteg entfernt, gingen früher die Buben und Männer ins Wasser. Im Luzerner Staatsarchiv ist verbrieft, dass der Gemeinderat 1945 ein Gesuch um Sanierung der Männerbadeanstalt an den Regierungsrat gestellt hatte. Das Baden am See wurde somit schon im früheren 20. Jahrhundert praktiziert. Zum Wybersteg sind jedoch keine Unterlagen vorhanden.

«Das Baden erfolgte strikte nach den Geschlechtern getrennt», weiss Walter Steffen, der sich auch bei Zeitzeugen umgehört hat. Unter anderem hatte auch die pensionierte Lehrerin Madeleine Kost-Bühlmann die «Hochblüte» des Wyberstegs in den 50er- und 60er-Jahren noch miterlebt.

 

Kaplan machte Kontrollen

Lange existierte auch ein kleines Badehäuschen, in dem sich die Mädchen und Frauen umkleiden konnten. Steffen: «Es gab fünf durch Holzwände getrennte Abteilungen mit einem Stoffvorhang.» Insofern hatten es die Frauen besser, existierte beim Seesteg der Männer doch gar keine Baute, wo sie sich unbeobachtet ihrer Kleider hättenentledigen können.

In jener Zeit sei auch das Sonnenbaden verpönt gewesen. «Der Nottwiler Kaplan hat dies immer mal wieder kontrolliert», erzählt Walter Steffen. Doch einige seien dann einfach auf die Badehütte gestiegen und hätten sich auf dem Blechdach an die Sonne gelegt, den Blicken des Kirchenvertreters entzogen. An Sonntagen habe der Nottwiler Pfarrer sogar verboten, baden zu gehen, weil es zu viele Fremde am See habe, die sich allenfalls auch unsittlich verhalten könnten. «Nicht alle haben sich aber daran gehalten», erzählt der Gemeindepräsident. Genauso wenig, wie Männer und Frauen am See ausnahmslos keinen Kontakt untereinander gepflegt hätten.

 

Heute eher Fischersteg

Nun wird der Wybersteg also wieder auferstehen, quasi wie ein Phönix aus dem Wasser. Die vergangenen Zeiten werden jedoch Geschichte bleiben. Der Steg wird für die Öffentlichkeit zugänglich sein, er ist laut Walter Steffen aber nicht zum Baden gedacht, da die Gemeinde unweit davon entfernt ja eine schöne Badi habe. «In erster Linie werden dort wohl Fischer ihr Glück versuchen». Oder die eine oder der andere macht das, was früher noch nicht gerne gesehen war: «sönnele».

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