Mit einer Anfrage wollte der Neuenkircher Kantonsrat von der Regierung wissen, ob ein neues Seesanierungskonzept angezeigt wäre angesichts der hohen Kosten, welche den Gemeinden bei der künstlichen Belüftung erwüchsen. Zudem fragte er, ob der Kanton bei der Gesundung des Sempachersees – wie auch der beiden anderen Luzerner Mittellandseen – nicht mehr Verantwortung übernehmen sollte. Nun liegt die Antwort des Regierungsrats vor. Darin hält die Exekutive fest, dass die Sanierung der Mittellandseen eine Verbundaufgabe von Kanton und Gemeinden sei. Der Kanton ist für die seeexternen Massnahmen zuständig, welche einen geringeren Eintrag von Phosphor zum Ziel haben. Die Gemeinden sorgen mit der künstlichen Belüftung des Sees dafür, dass mehr Sauerstoff im Wasser vorhanden ist, welcher den Abbau der Altlasten von Algenmaterial auf dem Grund des Sees verbessert.
Phosphorprojekt III ab 2021
Die bisherigen Massnahmen hätten sich bewährt, schreibt der Regierungsrat. Die Seebelüftung sei die effizienteste und wirtschaftlichste Methode. Der Regierungsrat schreibt weiter, dass mit dem Phosphorprojekt III verschärfte Vorgaben für weniger Phosphor im See auf den 1. Januar 2021 vorgesehen seien. Somit ist nun auch definitiv klar, dass das Phosphorprojekt III um ein weiteres Jahr verschoben wird und die Landwirte in diesem Jahr noch nicht mit strengeren Vorgaben konfrontiert sein werden. Im Weiteren nehme der Kanton koordinative und beratende Aufgaben wahr, etwa durch Vorsitz in den Gemeindeverbänden und durch die Dienststellen Umwelt und Energie sowie Landwirtschaft und Wald.
Für See sind Gemeinden zuständig
Als Folge des Sparpakets 2005 waren kantonale Beiträge an die Seesanierung weggefallen. Dieses sei vom Kantonsparlament beschlossen worden, hält der Regierungsrat weiter fest. Damit einher ging auch eine Delegierung der Seesanierung vom Bau-, Umwelt und Wirtschaftsdepartement an die Dienststellen und Gemeindeverbände, wodurch die aktive Beteiligung des Regierungsrats weggefallen war. Die Finanzierung der Seesanierung sei somit Sache der Gemeindeverbände. Der Kanton leiste Beiträge an die Landwirte im Rahmen des Phosphorprojekts für deren Massnahmen zur Reduktion der Frachten in den See. Die Regierung sehe keinen Bedarf, die Sanierung der Mittellandseen strukturell neu auszurichten.
Finanzierung hinterfragen
Für Roger Zurbriggen ist es aber angezeigt, sich grundsätzliche Gedanken über die Seesanierung und deren Finanzierung zu machen. «Man sieht einfach, dass die heutigen Massnahmen den Ist-Zustand höchstens erhalten können, eine nachhaltige Gesundung des Sees ist damit noch nicht erreicht», sagt der Neuenkircher Kantonsrat. So belüfte der Gemeindeverband den Sempachersee aufgrund von Messungen und Daten des Kantons. Man sei lediglich Ausführender und habe wenig Handlungsspielraum. Zudem seien die Kosten für die Gemeinden nicht zu unterschätzen. «Eine Mitfinanzierung durch den Kanton und eine bessere Koordination aller Seesanierungsmassnahmen durch eine übergeordnete Stelle wären wünschenswert», hält Roger Zurbriggen fest.
Handicap Klimawandel
Der Regierungsrat unterstreicht in seiner Antwort einmal mehr, dass eine nachhaltige Gesundung des Sees nur mit einem geringeren Eintrag von Phosphor zu erreichen sei. Erschwerend komme noch die Klimaerwärmung hinzu, welche zu höheren Seewassertemperaturen führt. Durch tendenziell steigende Wassertemperaturen verringere sich die natürliche Umwälzung des Sees im Winter und dadurch der Sauerstoffgehalt des Wassers. Es seien weiterhin kostenintensive seeinterne Massnahmen notwendig, deren Finanzierung noch zu klären sei. Eine natürliche Fortpflanzung der Felchen sei im Sempachersee auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus nicht möglich.Geri Wyss
Noch immer muss dem Sempachersee beim Atmen geholfen werden, und das wird auch noch einige Zeit lang so bleiben.
«Man ist nahe am Ziel»
Gewässerexperte Alfred Wüest sieht die Seesanierung auf gutem Weg. Dennoch: Es braucht viel Zeit und Geduld.
Professor Alfred Wüest ist Gewässerphysiker und Mitglied der Direktion der Eawag Dübendorf/Kastanienbaum. Er stellt den bisherigen Sanierungsmassnahmen am Sempachersee ein gutes Zeugnis aus. «Bezüglich der Überbelastung durch Phosphor hat man seit den 80er-Jahren gewaltige Fortschritte gemacht.» Trotz verstärktem Fokus auf weniger Phosphoreinträge ist für ihn klar: «Es dauert noch Jahre, bis noch weniger Phosphor in den See gelangt, weil die Stoffe lange im Boden gebunden bleiben.»Wüest unterstreicht auch die Wichtigkeit der künstlichen Belüftung. «Es ist sinnvoll, die Zirkulationshilfe im Winter weiterzuführen. Aus ökologischer Sicht ist es ein sanfter Eingriff mit hohem Nutzen.» Der Gewässerexperte bestätigt, dass die steigenden Seewassertemperaturen eine zusätzliche Herausforderung darstellen. Doch: «Beim Sempachersee ist man nahe am Ziel. Wie im Sport sind die letzten Meter die härtesten.»