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Umweltverbände schäumen ob der Regierung

Geri Wyss 18. März 2021

Man tut, was man kann, ist die Luzerner Regierung in Sachen Ammoniak und Phosphor aus der Landwirtschaft der Meinung. Deshalb geht sie auf eine aufsichtsrechtliche Anzeige von Umweltschutzverbänden nicht mehr weiter ein.

Es ist ein Drama in mehreren Akten. Seit Jahrzehnten belasten die Einträge von Phosphor die Mittellandseen des Kantons Luzern, und der Abbau von Algen auf dem Seeboden raubt dem Tiefenwasser Sauerstoff. Zudem wird die Umwelt durch Ammoniak beeinträchtigt. Beide Schadstoffe stammen zu einem grossen Teil aus der Landwirtschaft. Mit see-externen Massnahmen versucht das zuständige Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement (BUWD) der zu hohen Phosphorfrachten Herr zu werden. So ist etwa die Phosphorverordnung auf den 1. Januar dieses Jahres verschärft worden. Sie schreibt unter anderem vor, dass rund um die Mittellandseen weniger gedüngt werden darf und die Tierbestände nicht aufgestockt werden dürfen. Fakt ist, dass der Kanton Luzern heute bundesrechtliche Vorgaben beim Gewässerschutz und der Luftreinhaltung verfehlt. Der Phosphorgehalt im Wasser hat sich allerdings massiv verbessert.

 

Verhärtete Fronten

Im letzten Jahr spitzten sich die Verwerfungen zwischen der Landwirtschaft und den Umweltschutzverbänden zu. Der Landwirtschaft gehen die Vorgaben durch den Kanton zu weit. Resultat: 145 Landwirte reichten beim Kantonsgericht eine Beschwerde gegen die Phosphorverordnung ein – ein sogenanntes Normprüfungsverfahren wurde angestrengt, das beim Kantonsgericht noch hängig ist. Und Umweltverbände wie der WWF und Pro Natura reichten beim Regierungsrat eine aufsichtsrechtliche Anzeige ein, weil man der Meinung sei, dass die Behörden es verpasst hätten, mit griffigen Massnahmen die Verletzung von Umweltgesetzen und die Zerstörung von Lebensräumen zu verhindern. 

 

Nichts zu beanstanden

Nun liegt die Antwort des Regierungsrats auf die aufsichtsrechtliche Anzeige der Umweltverbände vor. Man habe sie geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass es keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen bei den zuständigen Dienststellen brauche. Er begründet diesen Entscheid damit, dass die Bundesbehörden die Oberaufsicht stets wahrgenommen und beispielsweise auch Fristverlängerungen ausdrücklich bewilligt hätten. In seinen Ausführungen räumt der Regierungsrat aber ein, dass die «hohen Emissionen, welche die Luzerner Landwirtschaft verursacht, im Widerspruch zu den Umweltzielen stehen» und dass Handlungsbedarf bestehe.

Im Vollzug der gesetzlichen Aufträge stehe der Kanton zunehmend im Spannungsfeld divergierender Interessen, das sich in der aufsichtsrechtlichen Anzeige von Umweltverbänden und dem von Landwirten verlangten Normprüfungsverfahren zeige. In diesem kontroversen Umfeld verfolgten das Bau-, Umwelt und Wirtschaftsdepartement und der Regierungsrat die Reduktion der Ammoniak- und Phosphorbelastung mit verschiedenen Massnahmen, unter anderem mit dem Phosphorprojekt III und der dazugehörigen Verordnung sowie dem Teilplan Ammoniak.

 

Gespräche ruhen im Moment

Der Regierungsrat beantwortet zudem mehrere parlamentarische Vorstösse in Sachen Reduktion von Schadstoffen aus der Landwirtschaft. So beauftragte Michael Kurmann (CVP, Dagmersellen) die Regierung, einen runden Tisch mit allen Beteiligten rund um die Mittellandseen einzuberufen. In seiner Antwort weist der Regierungsrat darauf hin, dass schon länger mit runden Tischen nach den Grundsätzen der Mediation der Austausch zwischen Umweltorganisationen und der Landwirtschaft gepflegt werde. Der Zeit für diesen Prozess habe jedoch nicht ausgereicht, da sich im letzten Jahr die Kontroverse zugespitzt und sich auf die rechtliche Ebene verlagert habe. Während laufender Verfahren könnten nun keine Gespräche geführt werden, nach deren Abschluss würden sie wieder aufgenommen.

 

«Zumutbarkeit» spielt mit

In der Anfrage der Grünen Judith Schmutz, Rain, macht der Regierungsrat nochmals geltend, dass das BUWD verschiedene Massnahmen getroffen habe, um die Ammoniakemissionen und die Phosphoreinträge zu reduzieren. Diese würden gemäss politischer Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit für die Betroffenen laufende verstärkt, um die Reduktionsziele einhalten zu können. Der Regierungsrat erachte deshalb die von den Umweltverbänden gegenüber dem BUWD erhobenen Vorwürfe als nicht gerechtfertigt.

 

Anzahl Tiere soll sinken

Aufhorchen lässt in dieser Antwort, wie der Regierungsrat die Ziele letztlich als realisierbar erachtet. «Erst durch eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und eine Reduktion von tierischem Protein in der Ernährung werden die ökologischen Immissionshöchstmengen nicht mehr überschritten werden», schreibt der Regierungsrat. Man stehe zu einer einheimischen Nahrungsmittelproduktion, und dazu gehöre die Tierproduktion. «Der Abbau von Tierplätzen ist jedoch mittel- bis langfristig wohl unumgänglich, insbesondere im Einzugsgebiet der stark belasteten Gewässer.  

 

Hoffen auf Markt und Massnahmen

Zuständig für Auskünfte ist das Präsidialdepartement. Auf Nachfrage bestätigt Yasmin Kunz, Leiterin Kommunikation des Finanzdepartements, dass es in der Landwirtschaft einen Strukturwandel mit entsprechenden Alternativen brauche. Dazu zähle auch die Reduktion der Tierbestände, die aber Zeit benötige. «Die Zahlen werden durch die Umweltauflagen sowie auch durch den Markt bedingt mit der Zeit abnehmen», ist Kunz überzeugt. Bereits eingeleitete Massnahmen würden indirekt zu einem Abbau der Tierbestände führen. «Werden Ziele bis 2030 nicht erreicht, wird ein aktiver Abbau wieder ein Thema.»Geri Wyss

Der Zustand des Sempachersees konnte auch dank Düngebeschränkungen verbessert werden – doch es braucht noch mehr Anstrengungen. Foto Geri Wyss/Archiv

 

«Handlungsbedarf nicht erkannt»

reaktion  Die Luzerner Regierung entscheide sich mit der Zurückweisung der Aufsichtsbeschwerde bewusst dafür, weiterhin Umweltgesetze zu verletzen, Lebensräume zu zerstören und die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, halten die Umweltverbände Pro Natura, WWF und Bird Life Luzern in einer Medienmitteilung fest. «Wir sind fassungslos, dass der Kanton noch immer nicht erkennt, dass er dringend handeln muss», wird Katja Dürst von Pro Natura Luzern zitiert. Die Organisationen forderten mit ihrer Aufsichtsbeschwerde, dass der Kanton weitere Massnahmen ergreife oder allenfalls zusammen mit dem Bund einen Notfallplan zwecks Gesetzesvollzug erarbeite. Die Chance werde nicht genutzt, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Die Umweltorganisationen wollen deshalb weitere Schritte prüfen.

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