Skip to main content Skip to page footer

Suchformular

Anmeldung wird geprüft

Region

«Unser Motto ist: Quantität vor Qualität»

Franziska Kaufmann 23. Dezember 2019

Die Trychler sind ein fester Bestandteil der Chlauszeit. Auch in Oberkirch verbreitet eine Trychlergruppe das traditionelle Kulturgut.

Fröhlich stehen sie beisammen, die Trychler, und plaudern munter über Gott und die Welt. Ihre weissen Zottelichappen leuchten hell in der Nachmittagssonne. Der Duft von süssem Holdrio – Hagebuttentee und Zwetschgenwasser – liegt in der kalten Dezemberluft und steigt den Besuchern des Surseer «Chlausmärts» in die Nase. Der Trychler Markus Habermacher trägt ein Servicetab­lett voller dampfender Teebecher und kühlen Bierflaschen und geht damit zwischen seinen Vereinskollegen umher. Für die Trychlergruppe aus Oberkirch darf der besagte Weihnachtsmarkt der Nachbarstadt Sursee, der stets am 6. Dezember stattfindet, nicht im Jahresprogramm fehlen. «An diesem Tag frei zu bekommen, ist für mich ein Muss», so Habermacher lachend. «Mein Chef weiss Bescheid. Ich habe es ihm bereits beim Vorstellungsgespräch mitgeteilt.»

Traditionen in die Welt tragen
Seit rund sieben Jahren ist Markus Habermacher Mitglied der Trychlergruppe Oberkirch. Die Chlausenzeit ist ihm ans Herz gewachsen, das Pflegen und Leben alter Traditionen hat für ihn einen hohen Stellenwert. «Als Trychler kann ich meine Freude am Brauchtum an Kinder und Erwachsene weitergeben. Genau das ist für mich das Wichtigste am Trychlen.» Ab Ende Oktober und anfangs November ist die Trychlergruppe bis Mitte Januar regelmässig unterwegs. Nebst den zahlreichen Chlauseinzügen der Heimatregion reist der fast 100-köpfige Verein in der ganzen Schweiz umher. Bei Besuchen in Kantonen oder Städten, in denen das Trycheln weniger bekannt ist, habe es schon lustige Erlebnisse gegeben. «In der Bahnhofunterführung in Bern gaben wir während dem Umsteigen mal eine Choreografie zum Besten. Lustigerweise waren es vor allem die Touristen, denen das gefallen hat.» Handys seien gezückt und Videos aufgenommen worden. Die Trychlergruppe Oberkirch habe den Touristen wohl genau das geliefert, was diese sehen wollten: die traditionelle Schweiz. «Es macht Spass, dieses Bild mitzugestalten und in die Welt hinauszutragen.»

Laut bahnen sie sich den Weg
Die Trychler stehen noch immer beisammen und geniessen die letzten Sonnenstrahlen des Tages. «Es god langsam wiiters», hört man ein älteres Vereinsmitglied rufen. Die Männer leeren ihre Getränke, greifen sich ihre Trycheln und bilden eine Kolonne. Als die Vordersten der Reihe losmarschieren, beginnen die Blechglocken laut zu klingen. Automatisch weichen die Besucher des Weihnachtsmarktes in Sursee zur Seite, sodass sich die Oberkircher einen Weg durch die Gassen bahnen können. Dabei sind sie nicht zu überhören – die über 95 Trychler sind mächtig laut. Im Gleichschritt geht es voran, dem einen oder anderen Vereinsmitglied steckt dabei eine «Krumme» zwischen den Zähnen. Markus Habermacher selbst ist überzeugter Nichtraucher. Dass das Rauchen eines Stumpens oder einer «Krummen» dem Bild des traditionellen Trychlers entspricht, unterstützt er keineswegs. «Als Trychler steht man im Mittelpunkt, Mädchen und Jungen blicken zu einem auf. Diese Rolle als Vorbild muss man wahrnehmen und den Kindern als gutes Beispiel vorangehen.»

Vielfalt auf den zweiten Blick
Die gute Stimmung, die unter den Vereinsmitgliedern herrscht, ist unschwer zu erkennen. Selbst während der Choreografie lachen und scherzen die Oberkircher miteinander – auch wenn dann nicht immer Gleichschritt herrscht. «Unser Motto ist: Quantität vor Qualität», erklärt Habermacher lachend. «Mit fast 100 Trychlern wird es sowieso schwierig, richtig zu üben. Wir haben aber intern eine kleine Formation, die sich sporadisch trifft, um spezielle Choreografien einzustudieren.» Die Sonne ist bereits untergegangen, als die Trychler das Ziel ihres Marsches erreichen. Sie stehen nun mitten in der Altstadt Sursee, wo der «Chlausmärt» in vollem Gange ist. Die schwarzen Glocken werden in Reih und Glied an einer Hauswand aufgestellt, bevor sich die Vereinsmitglieder wieder in Gespräche vertiefen. Durch die weissen Mützen und das einheitliche Tenue aus Sennenhemd und Gilet sehen die Oberkircher Trychler in der einkehrenden Dunkelheit alle gleich aus. Doch der Schein trügt. «Vom Studenten und Bänker bis hin zum Bauern und Handwerker sind bei uns alle Berufsgruppen vertreten», meint Habermacher. «Auch das Alter spielt keine Rolle. Das Trycheln verbindet Menschen und Generationen.»

Zittrige Hände am Tag danach
Zwar ist die Oberkircher Trychlergruppe ein reiner Männerverein, der Brauch bleibt dem weiblichen Geschlecht aber nicht verwehrt. «Es gibt – vor allem in der Westschweiz – sehr viele gemischte Trychlergruppen.» Denn tricheln kann jeder. Ob jung oder alt, ob Frau oder Mann – es sind keine speziellen Fertigkeiten gefordert. Was es braucht, ist Ausdauer. Doch die trainiere man sich mit der Zeit sowieso an. Und aller Vorbereitungen zum Trotz: Muskelkater und müde Hände am Tag nach einem Auftritt gehören zum «Trychlerdasein» dazu. «Bei mir schmerzt meist der Rücken. Anderen zittern die Hände, weil diese noch erschöpft sind vom Tragen der Trychel.» Lange aushalten müssen die Oberkircher nicht mehr, denn die intensive Wintersaison neigt sich dem Ende zu. Am 6. Januar begeben sie sich für den letzten Winteranlass nach Wangen im Kanton Schwyz, wo der Dreikönigstag gefeiert wird. «Die Schwyzer feiern dann ihre Fasnachtseröffnung.» Markus Habermacher blickt in die Runde. Die gut 95 Trychler stehen dicht beieinander und plaudern über Gott und die Welt. Die weis­sen Zottelichappen reflektieren die Lichter der beleuchteten Weihnachtstanne, die mitten auf dem Marktplatz in Sursee steht. Der Duft von süssem Holdrio liegt in der Luft, die Trychler wärmen sich die Hände an den heis­sen Bechern auf. Ein zufriedenes Grinsen breitet sich auf Habermachers Lippen aus, als er sich zu seinen Vereinskollegen dazugesellt.

 

Adventsbräuche porträtiert

Im Rahmen des Praxis-Moduls des 5. Semesters meines Bachelorstudiums in Kommunikation mit Vertiefungsrichtung Journalismus an der ZHAW in Winterthur müssen alle Studierenden einen multimedialen Beitrag produzieren. Den Auftrag dazu erhielten wir Mitte November. Im Hinblick auf das vorweihnächtliche Treiben in der Region Sempachersee habe ich mich dazu entschieden, Schweizer Adventsbräuche zum Thema zu machen. Besonders im Winter verbringen wir alle viel Zeit in der warmen Stube des eigenen Zuhauses. Adventsbräuche locken uns Menschen wieder auf die Strasse und bringen uns auch in der dunklen Jahreszeit zusammen.
Natürlich hatte ich dabei auch den Sempacher Samichlauseinzug im Hinterkopf, über den ich nun einen Videobeitrag gemacht habe. Des Weiteren behandle ich in meinem multimedialen Beitrag das «Geisslechlöpfen», insbesondere die «Ladies-Night» der Chlöpfer aus dem Raum Lenzburg. Über die «Oberkircher Trychler» schreibe ich ein Porträt mit Fokus auf das Vereinsmitglied Markus Habermacher. Im Rahmen des multimedialen Beitrags gibt es allerhand zu entdecken: Texte, Videos, Audios, Grafiken und viele Fotos sollen den Leser/Betrachter auf visueller und sprachlicher Ebene in seinen Bann ziehen. Bei einem Quiz können die Leser/Betrachter ihr Wissen über den St. Nikolaus testen. Franziska Kaufmann    

Mehr unter: https://franuminous.pageflow.io/schweizer-adventsbrauche

Schon gelesen ?