Zwei meiner Onkel lernten Metzger, meine Grossmutter tischte zum «Zobig» immer üppig Bündnerfleisch auf, noch heute wähle ich am Mittag zu 99 Prozent das Fleischmenü. Meine Überwindung, eine Woche auf Fleisch zu verzichten, war entsprechend gross. Zudem darf ich weder Eier verspeisen, noch Milch trinken. Das bedeutet vegan und ist noch eine Stufe strikter als vegetarisch.
Ein «Hämpfeli» Nüsse pro Tag
Bei Cäcilia Bussmann hole ich mir vor Beginn der Woche Tipps. Die Surseerin ist Veganerin und sieht total gesund aus. Ich schliesse daraus, dass es nicht so schlimm sein kann. Sie weiss, wo veganes Essen in Surseer Restaurants zu kaufen ist. «Sie können sich auch nach einem Beilagenteller erkundigen.» Keine französische Salatsauce, die sei nicht vegan. Sie rät mir zu vielen Hülsenfrüchten. Bei Brot solle ich fragen, ob Eier beim Backen verwendet wurden. Und sie empfiehlt den Verzehr von einem «Hämpfeli» Nüsse pro Tag. Am Schluss drückt mir Cäcilia Bussmann das Buch «Vegan-Klischee ade! Das Kochbuch» in die Hand.
Darin sind die drei Säulen der veganen Lebensweise «Tierschutz, Umweltschutz, Gesundheit» beschrieben. «Eine vegane Ernährung sollte täglich aus den fünf Hauptlebensmittelgruppen Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Obst sowie Nüsse und Samen bestehen und reichlich gesund-heitsfördernde Gewürze und Kräuter enthalten.» Das tönt vielversprechend. Zum Glück beharrte meine Mutter am Familientisch früher da-rauf, von allem etwas zu versuchen. So lernte ich schleppend, Fenchel und Zucchetti zu mögen.
Der Mangel an Vitamin B12
Skeptisch macht mich ein Satz im Buch: «Daher wird jeder vegan lebenden Person bis auf Weiteres ausnahmslos geraten, Vitamin B12 über angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zuzuführen.» Dieses Vitamin B12, erfahre ich später im Internet, nimmt der Mensch durch Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Milchprodukte zu sich. Es sei unter anderem wichtig für die Bildung roter Blutkörperchen. Vitamin B12 ist die «Achillesferse» der veganen Ernährung. Auch dazu bietet das Internet Tausende von Tipps für Veganer, B12 mit anderen Mitteln zu bekommen.
Inzwischen habe ich mich dank des Tipps von Cäcilia Bussmann über den Mittag im «Barbès» verpflegt. Dort gibt es vegane Menüs, die essbar sind und schmecken. Vor dem Pfingstwochenende besuche ich den Bio-Laden «Kochtopf» in Sursee. Hier gibt es Teigwaren auf Sojabasis, Schokolade ohne Milch, Räuchertofu, Kokosjog-hurt, Avocado aus biologischem Anbau, einen Soja Drink und einen «frischen Bio-Haferdrink», der im Lebenshof Aurelio in Büron hergestellt wurde. Ich greife zu.
Positive Entdeckungen
Ich gestehe, mit diesen beiden Drinks – Soja und Hafer – werde ich wohl nie Freundschaft schliessen. Tofu kann man essen, mit richtigem Fleisch kann er es aber nicht aufnehmen. Die Teigwaren waren ok. Bei der Zubereitung hatte ich aber ein Blackout, denn ich verwendete dabei Hühnerbouillon. Das ist natürlich unerlaubt bei veganem Essen. Als positive Entdeckung entpuppten sich die Schokolade ohne Milch und der Bio-Tomatensaft. Das alles ist eine Geschmacksache.
Wer vegan isst, muss sich achten und ein Händchen in der Küche haben. Sich mit dem eigenen Essverhalten zu beschäftigen, schadet aber niemandem. Das alles lehrte mich meine Mutter in groben Zügen. Sie predigte in den 1980er-Jahren, als «vegan» noch hinter dem Mond lebte, der Mittelweg sei auch beim Essen das beste Rezept.
Meine vegane Woche überlebte ich. Sie weitete mir den Horizont in Sachen Lebensmitteln. Ganz sicher landet bei mir Fleisch weiter auf dem Teller. Ein neues Argument lieferte mir dazu die Wichtigkeit von Vitamin B12 für den Körper.