Der Luzerner Stimmbürger muss bei der Volksinitiative «Luzerner Kulturlandschaft und Gegenvorschlag» gleich vier Fragen beantworten. Möchte er die Verfassungs-, die Gesetzesinitiative und den Gegenvorschlag dazu annehmen oder ablehnen. Und falls alle drei vom Volk angenommen werden, welche Reglung im Endeffekt in Kraft treten soll: Initiative oder Gegenvorschlag.
Der Zersiedelung Einhalt gebieten
Das Initiativkomitee fordert on den Städten und Gemeinden mehr Qualität in der Raumplanung. Landschaften und Kulturland sollen besser geschützt und die Zersiedelung eingedämmt werden. Denn trotz des revidierten Raumplanungsgesetzes (RPG) von 2014 schreite die Zersiedelung im Kanton Luzern immer weiter voran, so das Komitee. Landwirtschaftliche Nutzflächen sowie Fruchtfolgeflächen gingen fortlaufend verloren. Der Boden müsse geschützt werden, um die Artenvielfalt zu bewahren sowie die Lebensmittelproduktion für zukünftige Generationen sicherzustellen. Die Initiative will einen schnellen, einheitlichen und verbindlichen Vollzug des RPG. Um dies zu erreichen, soll einerseits die Verfassung ergänzt und andererseits das Planungs- und Baugesetz erweitert werden.
Fruchtfolgeflächen schützen
Die vier wichtigsten Punkte, die neu im Gesetz festgehalten werden sollen, sind unter anderen folgende:
• Fruchtfolgeflächen (FFF) und landwirtschaftliche Nutzflächen wie Acker und Wiesen dürfen nur mit umfassender Interessenabwägung des Kantons eingezont werden.
• Beanspruchte FFF sind zu kompensieren. Entweder durch Rückzonung von unüberbautem Land mit entsprechender Qualität oder Neuerhebung von FFF durch Bodenkartierung auf dem Gemeindegebiet.
• FFF müssen nach Inkrafttreten der neuen Gesetzesbestimmung innert fünf Jahren in den Zonenplänen der Gemeinden eingetragen werden.
• Es soll eine Kommission gebildet werden, die den Regierungsrat über den Schutz, die Erhaltung und Aufwertung der Landschaftsräume und der Kulturlandschaft berät.
Eingeschränkte Raumplanung
Der Gegenvorschlag sei ein Kompromiss zwischen Anliegen des Kulturlandschaftsschutzes und dem Erhalt der Entwicklungsmöglichkeiten. Die oben stehenden vier Punkte werden darin jedoch mit folgenden Begründungen nicht übernommen:
• Der erste Punkt wurde gestrichen, da Einzonungen heute ohnehin schon strikt geregelt seien.
• FFF sollen weiterhin mittels Verbesserung anderer, degradierter Böden kompensiert werden können. Bauten von öffentlichem Interesse seien so weiter an Orten erlaubt, die dafür zielführend sind.
• Statt bereits in fünf Jahren, soll die Kartierung der FFF in zehn Jahren erledigt sein, da dafür nicht genügend Ressourcen vorhanden seien.
• Statt eine Kommission ins Leben zu rufen, soll die Aufgabe von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald übernommen werden.
Der Gegenvorschlag kritisiert, dass in der Initiative von landwirtschaftlichen Nutzflächen (LN) gesprochen wird. Äcker oder Weiden könnten innerhalb sowie auch ausserhalb der Bauzone liegen. Rechtmässig eingezontes Land, dass als LN gilt, könnte nur noch schwer überbaut werden, argumentieren die Gegner. Bauverbote und Enteignungen wären die Folge.
Ebenfalls kritisieren die Gegner, dass mit der Initiative der Bodenschutz stärker gewichtet werde als die Bedürfnisse der Bevölkerung. Dadurch ginge der raumplanerische Handlungsspielraum der Gemeinden verloren. Erweiterungen von Betrieben seien nur noch eingeschränkt zulässig, folglich würde die Attraktivität des Kantons als Wirtschaftsstandort schwinden.
Niemand fühlt sich zuständig
Dem Initiativkomitee ist der Gegenvorschlag zur Initiative zu stark verwässert. Es sieht darin keine Verbesserung des Kulturlandschaftsschutzes. Ebenfalls bemängelt es die Methode zur Wiederherstellung von FFF mittels Bodenverbesserung. Der Gegenvorschlag zeige nicht auf, wie das Raumplanungsrecht von Bund und Kanton im ländlichen Raum vollzogen werde. Eine aufgeteilte Verantwortung zwischen Kanton und Gemeinden habe zur Folge, dass sich niemand für die Auswirkungen von Bauten auf die Umwelt zuständig fühle.
Mehr Arbeit als Nutzen
Die Verfassungs- sowie die Gesetzesinitiative werden im Kantonsrat von den Grünen, den Jungen Grünen und der SP unterstützt. Abgelehnt werden die Initiativen von CVP, FDP, SVP und GLP. Für den Gegenvorschlag stimmten CVP, FDP und GLP.
Die SVP sprach sich gegen die Initiativen sowie gegen den Gegenvorschlag aus. Den Gegenvorschlag bezeichnet sie als unnötig, da er weitgehend das Bundesrecht kopiere, das als übergeordnetes Recht ohnehin gültig sei. Die Verschärfungen führten zu mehr Verwaltungsstellen und Bürokratie, so die SVP.