Josef Peter mag Geschichte. Der 71-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Gemeinde Neuenkirch aufzuarbeiten und festzuhalten. Doch auch sein eigenes Leben hat eine Geschichte zu erzählen. Sie beginnt in Luthern im Luzerner Hinterland. Nach der obligatorischen Schule hatte Josef Peter das Glück, ans Gymnasium zu wechseln. Nach dem Abschluss studierte er Chemie und arbeitete später als Chemiker für Collano. Eine weitere Leidenschaft von Peter ist der Langstreckenlauf. Als Marathonläufer wurde er zweimal Schweizermeister, belegte einmal den zweiten Platz an den Deutschen Marathonmeisterschaften und lief 1980 an den olympischen Spielen in Moskau für die Schweiz. 1986 zog er aus beruflichen Gründen nach Neuenkirch und wurde dort später zum Gemeindepräsident gewählt.
Wie man zum Chronisten wird
So war es denn auch seine Arbeit im Gemeinderat, die ihn an die Gemeindegeschichte heranführte. Zunächst war es das Gemeindearchiv, das Josef Peter aufgearbeitet wissen wollte. Auch setzte er sich für die Schaffung und Pflege eines Kulturarchivs ein, in dem alte Dokumente, die beispielsweise bei der Räumung von Bauernhofestrichen zu Tage kämen, archiviert werden könnten. Bis heute besteht das Kulturarchiv zum grossen Teil aus Dokumenten, wenigen Fotografien und einigen Gegenständen. Später waren es die Protokolle der Gemeinderatssitzungen, die Josef Peter in die Hände fielen. Über 30'000 Seiten hat der Wahlneuenkircher durchgelesen und relevante Stellen transkribiert. Das Ergebnis: eine Sammlung von transkribierten Passagen auf 800 Seiten.
Geburtsstunde des Kantons
Mit diesem umfassenden Resümee gelangte Josef Peter an den aktuellen Gemeinderat und man war sich einig, dass dies für ein allfälliges Buchprojekt noch immer entschieden zu viele Seiten sind. So machte sich Peter noch einmal an die Arbeit und fasste diese 800 Seiten nochmals zusammen. Entstanden ist nun ein nach Themen geordnetes Textdokument von rund 260 Seiten, das die Geschichte des Kantons Luzern und vor allem der Gemeinde Neuenkirch ab 1798 aufzeigt. Wieso gerade dieses Jahr? Josef Peter erklärt: «Vor 1798 gab es weder eine Gemeinde Neuenkirch noch einen Kanton Luzern in der heutigen Form.» Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren nämlich die Stadtluzerner Patrizier an der Macht und erst mit der Ankunft der Franzosen dankten diese ab. Die Veröffentlichung der Abdankungsproklamation, wovon im Neuenkircher Kulturarchiv ein Original vorhanden ist, gilt als die Geburtsstunde des Kantons Luzern.
Die Anbauschlacht
Die Chronik ist also eine Sammlung von Themenbereichen, die die Gemeinde Neuenkirch ausmachen. Sowohl politische Vorgänge als auch das Sozialwesen, das Ortsbild und Einzelschicksale werden beleuchtet. So kommt beispielsweise auch zur Sprache, wie die Gemeinde während der sogenannten «Anbauschlacht» im Zweiten Weltkrieg den Anforderungen des Bundes gerecht werden wollte.
Ein Auszug aus dem Kapitel «Der Zweite Weltkrieg in Neuenkirch»: Um fruchtbares Ackerland zu gewinnen, wurden Moore (z. B. das Mettenwil-Scheidermoos im Rain, im Hungerbühl, in Rümlikon, Trutigen, Neurüti und Rippertschwand) melioriert, d. h. entwässert, was ebenfalls durch Internierte erfolgte. Ja, man dachte sogar daran, Wald zu roden, um dort Ackerland zu gewinnen. Am 12. Februar 1943 teilte die kant. Ackerbaustelle mit, dass unsere Waldbesitzer zwangsweise verpflichtet werden, 12 ha Wald zu roden. Der Gemeinderat hat eine entsprechende Verfügung bis 22. Februar 1943 zu erlassen, und der kant. Ackerbaustelle ist Bericht zu geben über die Verfügung.» Vorgesehen war etwa die Abholzung des Schlichtiwäldli und von drei Aren im Sennhöfli.
«Ich habe ja Zeit»
Mit Gold ist die Arbeit von Josef Peter sicherlich nicht aufzuwiegen. Unzählige Stunden Arbeit flossen in das Lesen und die Transkription von Gemeinderatsprotokollen, die Recherche im Staatsarchiv und das Zusammenfassen in rund 50 Themenbereiche. Doch Josef Peter schmunzelt nur: «Ich bin pensioniert. Ich habe ja Zeit.» Wie es nun mit dem Werk weitergehen soll, ist momentan noch offen. Josef Peter könnte sich die Publikation eines «Neuenkircher Buches» durchaus vorstellen und hat auch einiges an Bildmaterial und Illustrationen zur Hand. Aktuell ist das Manuskript in Korrektur und dann liegt der Ball beim Gemeinderat. Ob die Gemeindechronik dann effektiv zu Papier kommt, wird sich zeigen.