Skip to main content Skip to page footer

Suchformular

Anmeldung wird geprüft

Region

«Der Beruf erfordert viel Fingerspitzengefühl»

Geri Wyss 27. Dezember 2018

Josef Süess hat während vielen Jahren als Betreibungsbeamter die Region geprägt. Herzblut und Fingerspitzengefühl bei seiner Arbeit einzusetzen, war sein Rezept. Eine transparente Kommunikation mit Betroffenen öffnete viele Türen. Nun tritt er in die verdiente Pension.

Wohl jeder hat schon vom Betreibungsamt und somit vom Betreibungsbeamten gehört. Ein klares Bild, was in ein Aufgabengebiet eben dieses Betreibungsbeamten gehört, ist aber in der Tat nicht einfach zu machen. Man stellt sich nicht viel Erfreuliches unter dieser Berufsgattung vor, denn in der Regel geht es um Ausstände, die innert nützlicher Frist nicht beglichen wurden. Es geht um Zahlungsbefehle, die als Folge dessen den Schuldnern zugestellt werden müssen. Es geht kurz gesagt ums Eintreiben fälliger Beträge, könnte man lapidar festhalten. Dass dieser Beruf aber sehr viel mit Zwischenmenschlichkeit und mit Fingerspitzengefühl zu tun hat, wird im Gespräch mit dem in Kürze in Pension tretenden Josef Süess bald einmal klar. Während knapp 30 Jahren hat er sich für die erwähnten Aufgaben stark gemacht.

Früher Postangestellter
Angefangen hat alles im Kleinen. Josef Süess, damals noch Postangestellter, fand sich plötzlich als Kronfavorit für die offene Stelle als Betreibungsbeamter von Neuenkirch wieder. Seine Fürsprecher muteten ihm die Funktion nicht nur fachlich und menschlich zu, sie wussten auch um die unregelmässigen Arbeitszeiten, die dem künftigen Betreibungsbeamten die entsprechende Flexibilität für die Ausführung dieses Amtes lieferten. «Damals habe ich das alles zu Hause erledigt. Je nach Schicht konnte ich die Termine in meine Freizeit legen», berichtet Josef Süess. Dass dabei nicht mehr wirklich viel Freizeit für ihn selber übrigblieb, kommt aus dem Gespräch bald einmal heraus. Er konnte sich aber schon damals immer auf seine Frau verlassen, die langsam und stetig ebenfalls in das betreibungsamtliche Fachgebiet fand und ihm den Rücken frei  hielt oder stärkte – eben das, was es gerade brauchte.

Mit viel Engagement zum Ziel
Man kann diesen Job so und so erledigen. Mit viel Herzblut und gleichwohl gebunden ans Gesetz, das klare Vorgaben macht. Oder in erster Linie gebunden ans Gesetz, ohne das nötige Gespür für die Betroffenen, im Fokus die Sache als solche. Für Josef Süess stand in seiner knapp 30-jährigen Karriere immer der persönliche Kontakt im Vordergrund. «Der Beruf des Betreibungsbeamten erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl. Solange man miteinander spricht, funktioniert es in den meisten Fällen sehr gut», erwähnt Süess. Der persönliche Kontakt, ein sachliches Gespräch, klare Kommunikation – damit könne man eine Vertrauensbasis schaffen. So war es für ihn immer klar, dass er Zahlungsbefehle nicht einfach per Post hat überbringen lassen, sondern dass er sich mit diesen persönlich in Richtung Empfänger aufgemacht hat. «Nur so konnte ich mir einen Überblick über die Gesamtsituation eines Schuldners verschaffen.» Die Regel sei das heute schon nicht mehr, gesteht Süess ein. «Ich bin aber mit dieser Vorgehensweise sehr gut gefahren. Vor allem konnte ich auf diese Weise eine nötige Vertrauensbasis mit den meisten Schuldnern aufbauen.»

Klarheit ist gefragt
Das tönt fast etwas gar romantisch, könnte man meinen. Und doch – wenn man sich beispielsweise in die Lage eines Menschen versetzt, der unverschuldet in diese missliche Lage gerät – kann man sich gut vorstellen, dass selbst der Kontakt zum Betreibungsbeamten einen Lichtschimmer bedeuten kann. Vor allem eben dann, wenn dieser sich Zeit nimmt und mit dem Betroffenen nach Lösungen sucht. Süess relativiert und macht klar, dass er nicht auf der rosa Wolke sitzt: «Es gibt viele Fälle, bei denen man nicht von Unverschulden sprechen kann. Auch konnte ich mir zum Glück in den vielen Jahren ein gutes Gespür zulegen, das mich auf Wahrheiten und Unwahrheiten sensibilisiert hat.» Das habe ihm vieles erleichtert, ergänzt er.

Jugendverschuldung steigt
Gehäuft hätte sich in der letzten Zeit vor allem die Rate der Jugendverschuldung. Zu leicht komme man an Kredite. Zu einfach gehe es, ein Autoleasing abzuschliessen. «Die einfache ‚Milchbüechlirechnung‘, wie sie früher gang und gäbe war, machen diese jungen Erwachsenen leider nicht mehr, dabei würde ihnen das eins zu eins vor Augen führen, wie ihre persönliche finanzielle Situation tatsächlich aussieht.» A propos «Milchbüechlirechnung»: Zu Beginn seines Wirkens hat Josef Süess seine Arbeit handschriftlich verrichtet. Da war noch nichts mit Computer oder gar einer Betreibungssoftware. Da führte er ganz einfach drei grosse Hauptbücher, für die er reichlich Raum brauchte. «Darin war alles handschriftlich vermerkt, was ein- und ausging», schmunzelt der Hellbühler. Das Ehepaar Süess ist ein eingespieltes Team. Die grosse Wertschätzung des Betreibungsbeamten für seine Frau Bernadette ist in vielen Erzählungen spürbar. Ohne sie wäre die Durchführung dieses immer intensiveren Berufs nicht möglich geworden. Zusammen bewältigen sie heute mit 180 Stellenprozenten die Betreibungsfälle von Eich, Hildisrieden, Neuenkirch und Sempach. Ein Navi braucht Josef Süess übrigens in keiner der vier Gemeinden mehr. Das Strassennetz seines Einzuggebietes kennt er aus dem Effeff.

Ferien ohne Betreibungsferien
Wenn ein Mensch am Ende seiner Berufszeit auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken kann und dabei aber auch spürt, dass der Moment der Pension zum richtigen Zeitpunkt gekommen ist, hat er irgendwie alles richtig gemacht. Für Josef Süess geht eine intensive, eine lange, eine interessante, eine ans «Lebendige» gehende Zeit zu Ende. Nun folgen verdiente Ferien, die endlich mal ausserhalb der Betreibungsferien genossen werden dürfen. Und der passionierte Blasmusiker freut sich auf mehr Zeit, die er seinem Hobby widmen kann. Eines kann er aber noch nicht ganz lassen: «Zahlungsbefehle werde ich auch für meine Nachfolgerin nach Bedarf ausliefern.» Josef Süess – ein Mensch, der sich knapp 30 Jahre in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt hat. Für uns ein Indiz für den Titel «Menschen des Jahres der Region 2018».

Schon gelesen ?

141623_141639.jpeg

Region

«Kultur Nottwil» feiert 50-Jahr-Jubiläum

Michael Hausheer 11. September 2025
141640_141683.jpeg

Region

50 Jahr-Jubiläum: Das SPZ lud zum grossen Fest

Stefan Kämpfen  09. September 2025