Fans der Tolkien-Trilogie «Herr der Ringe» erinnern sich: Déagol fand den Einen Ring der Macht beim Fischen. Auf den ersten Blick ein reiner Zufall, nachdem Déagol durch den Fisch an der Angel ins Wasser gezogen worden war. Der Eine Ring mit der Macht, alle zu beherrschen, wollte zu seinem Schöpfer Sauron zurück. So erwürgte Sméagol erst einmal Déagol – im Fieber, in den Besitz dieses Schmuckstücks zu kommen.
Michael Oliver (34) hätte den Ring ebenfalls entdeckt, einfach durch ein strukturiertes Suchen. Der Australier ist professioneller Treasure Hunter – einer, der verlorene Schmuckstücke vornehmlich im Wasser, aber auch auf dem Boden, ausfindig macht. Hätte sich Sauron an ihn gewandt, hätte er seinen Ring in Kürze wieder in den Händen gehalten, Déagol hätte kein Verbrechen begangen und wäre nicht zu Gollum mutiert. Nur wäre dann Tolkiens Herr-der-Ringe-Welt weit weniger episch dahergekommen.
Gegenwärtig ist Michael Oliver in Sempach. Seine Frau Michelle Oliver-Hollenstein (33) ist gebürtige Sempacherin. Während den Sommermonaten besucht die Familie mit dem zweijährigen Sohn Noah die Schweizer Verwandten. Der «Sydney’s largest Underwater Treasure Hunter» hat auch im Sempachersee schon mehrfach sein Können unter Beweis gestellt. Dabei geht er einerseits mit einer mehrere tausend Franken teuren Ausrüstung zu Werke, um die verschollenen Schmuckstücke zu finden. Dazu gehören Metalldetektoren, mit denen er den Boden absuchen kann, aber etwa auch eine Art Sieb, mit dem er noch unter Wasser Sand abschöpft, um an die Schätze zu gelangen.
Er findet alles Mögliche
Freilich ist nicht immer Gold, was dank der Detektoren akustisch glänzt. Als Michael Oliver mit Michelle und Noah für ein Foto im Sempacher Seebad posierte, fiel dem kleinen Buben ein Ring aus der Hand. Innert Kürze fand der Treasure Hunter nebst dem Ring auch einen Flaschendeckel und ein Geldstück im Rasen. «Es kommt auch immer viel Abfall zum Vorschein, wenn ich am Suchen bin», erzählt Michael Oliver.
Um die Besitzer von verloren geglaubten, metallhaltigen Schmuckstücken, Uhren, Münzen und dergleichen zu erfreuen, sind aber auch viel Geduld und ein präzises Vorgehen gefragt. «Je genauer mir jemand angeben kann, wo er etwas verloren hat, umso schneller bin ich den Gegenständen auf der Spur», sagt Michael Oliver. Dabei teilt er das Gebiet in Vierecke ein und geht eines nach dem anderen sorgfältig durch. So hat er im und am Sempachersee schon rund 200 schöne Stücke wieder ans Tageslicht holen können.
Längere Zeit nach einem Verlust haben Besitzer oftmals die Hoffnung aufgegeben, je wieder das Vermisste in den Händen halten zu können. Doch das muss nicht sein. «Einmal hat uns jemand kontaktiert, nachdem wir schon nach Australien zurückgereist waren», erzählt Michelle Oliver. Ein Jahr später hat ihr Mann dann die Mission in der Schweiz angepackt – und erfüllt. Der Australier fand den Ring und sorgte damit bei einer weiteren Person für ein überraschtes Gesicht und ein strahlendes Lachen.