Im Buchhandel bestehe seit einiger Zeit die Tendenz, Gastronomie und Buchgenuss zu verbinden, berichtet die Hildisrieder Bibliothekarin Bernadette Estermann. Wer die neuen Räumlichkeiten betritt, erkennt eine Anlehnung an diese Tendenz: Auf der linken Seite der Bereich für den Mittagstisch, auf der rechten Seite viele Regale mit unzähligen Büchern. Es sei schon ein Prozess gewesen, das ehemalige Feuerwehrgebäude für diese Zwecke einzusetzen, berichtet der zuständige Gemeinderat Rolf Graf. Mit dem früher oder später benötigten dritten Kindergarten und dem mehr oder weniger behelfsmässigen bisherigen Standort des Mittagstischs im Foyer der Inpuls-Halle trat Platzbedarf zutage. Mit der gleichzeitigen Regionalisierung der Feuerwehr und dem frei werdenden Feuerwehrlokal wurde dann aus Plänen Tatsache. Auch Graf ist in seinen Recherchen auf einen ähnlichen Trend gestossen – nämlich, dass für die Betreuung der Kinder im Rahmen des Mittagstisches ein Zusammenspannen mit anderen Disziplinen sehr förderlich sein könne. Der verantwortliche Gemeinderat ist denn auch sichtlich erfreut über das gelungene Werk, denn das Zusammenspiel der beiden Themengebiete hat sich in der kurzen Zeit seit den Sommerferien bereits bestens bewährt. Was gibt es schliesslich Schöneres, als sein Mittagessen in einem kleinen Bücherparadies geniessen zu können? Man spürt, dass viel Gedankengut in die Planung eingeflossen ist. Die Kinder finden Platz zum Toben genauso wie zum Ausruhen, sie können in Ruhe in Büchern schmökern und die Aussicht von der einladenden Galerie geniessen. Da möchte man wirklich nochmals Kind sein.
Seit 20 Jahren Bibliothekarin
Einer, der die neuen Räume ganz besonders viel Freude bereiten, ist die Bibliothekarin Bernadette Estermann. Seit unglaublichen 20 Jahren wirkt sie in dieser Funktion und das Feuer für ihre Tätigkeit lodert unvermindert. Dass sich die Bibliothek zu einem beliebten Treffpunkt in der Gemeinde entwickelt hat, freut sie speziell. Sie selber hat damals als Kind ihre Bücher im Dachgeschoss des Schulhauses Geissenstein ausgeliehen und wurde dabei von der äusserst netten Bibliothekarin dazu ermuntert, Buch um Buch zu verschlingen. Um die Kinder optimal beraten zu können, liest sie selber viele Kinder- und Jugendbücher. Beim Besuch der Bibliothek ist spürbar, dass sie ihrer damaligen Bibliothekarin in nichts nachsteht. Geduldig erklärt sie da und dort etwas zu den Büchern, strahlt eine ungebrochene Freude an ihrem Wirken aus und kennt die Kinder persönlich. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass Bernadette Estermann auch beim Mittagstisch mitwirkt. Hier unterstützt sie an zwei Tagen in der Woche Evi Ritter, die am Montag, Dienstag und Donnerstag Kinder vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse bewirtet und betreut. Im Gesetz über die Volksschulbildung vom 8. September 2008 wurden im Kanton Luzern die rechtlichen Grundlagen geschaffen, die schul- und familienergänzenden Tagesstrukturen einzuführen. Seit dem Schuljahr 09/10 besteht in Hildisrieden eine Zusammenarbeit zwischen der Schule Hildisrieden und dem Verein Seevogtey. Im August 2015 führte die Schule Hildisrieden einen eigenen Mittagstisch ein. Seit August 2018 wird auch die Hausaufgabenbetreuung angeboten.
Pippi wird von allen geliebt
Schlendert man durch die Bücherregale und hält da und dort inne, fällt einem auf, dass einige Klassiker ihren Platz im Regal halten. Und das schon über Jahre hinweg. «Pippi Langstrumpf, Heidi, Schellenursli, TKKG, Hanni und Nanni, Jim Knopf und weitere haben mich als Kind selber schon begeistert. Diese figurieren auch heute immer noch auf der Hitliste und werden ihren Platz wohl auch bei den zukünftigen Generationen behalten», mutmasst Bernadette Estermann. Dass die Verfilmungen der Geschichten zum jahrelangen Erfolg beigetragen haben, liegt nahe. A propos Verfilmung: Wie steht es mit der Digitalisierung in einer Regionalbibliothek? Obwohl Bernadette Estermann ihre Bibliothek nicht als reinen Büchertempel bezeichnet, was die Tatsache unterstreicht, dass CDs, DVDs und Zeitschriften auch im Verleihsortiment existieren, sei das gedruckte Buch sowohl bei Kindern wie auch Erwachsenen nach wie vor hoch im Kurs. Dies würden die hohen Ausleihzahlen belegen.
Hildisrieden fördert das Lesen
Immer mehr Familien mit Vorschulkindern besuchen mittlerweile die Bibliothek. Hierzu ist zu erwähnen, dass die Bibliothek Hildisrieden auch Buchstart-Bibliothek ist. Jedes neugeborene Kind in Hildsrieden erhält einen Gutschein, den die Eltern in der Bibliothek gegen ein Buchstart-Paket einlösen können. Darin enthalten sind zwei kartonierte Büchlein. Rund 100 Bücher speziell für Kleinkinder befinden sich ausserdem im Sortiment. Damit engagiert sich «Buchstart» für die frühkindliche Leseförderung. Auch das Elternforum Hildisrieden organisiert regelmässig eine Erzählnacht für die Viert- bis Sechstklässler. Auch hier ist die Bibliothek involviert. In der Erzählnacht vom 16. November sind Geschichten zum Thema «in allen Farben» zu hören.
Man kann es sich lebhaft vorstellen: das «Gewusel» zwischen den Regalen während den Ausleihzeiten. Oder die Oberstufenschüler, die sich für eine Projektarbeit entsprechendes Material suchen. Oder aber die Mittage, an denen die Kinder des Mittagstisches in der Mittagspause im kleinen Hildisrieder Bücherparadies in neuen Büchern schmökern. Egal, ob auf den gemütlichen Sitzstufen, auf den Liegeflächen der Galerie oder an den einladenden Holztischen. Ein Ort, der Gastronomie und Buchgenuss verbindet und zu einem Besuch einlädt: Hildisrieder Bibliothek und Mittagstisch.