Im «Info» der Gemeinde Neuenkirch vom Monat Mai orientierte der Kirchenrat der Pfarrei St. Wendelin, Hellbühl, dass ab 1. Mai die Kirchenglocken in der Nacht verstummen. Dies habe der Kirchenrat an seiner letzten Sitzung beschlossen.
«Es wird über Lichtverschmutzung und Lärmbelastung in der Nacht diskutiert und geschrieben», betont Kirchenratspräsident Alois Muff auf Anfrage. Schlafstörungen infolge von Stress und Überbelastung gehören für viele Menschen leider zum Alltag. Alois Muff: «In diesem Kontext wurden hin und wieder Mitglieder des Kirchenrates auf das Glockengeläut in der Nacht angesprochen und es wurde die Frage nach möglichen Lösungen zur Sprache gebracht.» Im Kirchenrat sei die Frage um den Glockenschlag in der Nacht eingehend diskutiert worden. Der Rat sei der Meinung, dass auf den nächtlichen Glockenschlag, der kirchlich nicht notwendig ist, verzichtet werden könne. Auch habe sein ursprünglicher Zweck als Zeitangabe stark an Bedeutung verloren, ist der Kirchenratspräsident überzeugt. «Aus all diesen Gründen sind wir zum Schluss gekommen, den Glockenschlag nach 22 Uhr abzustellen und am Morgen ab 6 Uhr wieder einzuschalten. Zudem haben wir beschlossen, am Sonntag das dreiminütige Morgengeläut von 6 Uhr auf 7 Uhr zu verlegen.»
Mit dieser Massnahme, so Alois Muff, hofft der Kirchenrat natürlich, auch einen Beitrag für einen lebenswerten und attraktiven Wohnort zu leisten.
Hoffen auf Verständnis
Kann der Kirchenrat diesen Entscheid im Alleingang fällen? «Ja», sagt Alois Muff. «Über die Abschaltung des Viertelstunden- und des Stundenschlags kann der Kirchenrat selber entscheiden. Der Rat hofft dabei auf das Verständnis der Hellbühler Bevölkerung.»
Nur wenige Tage nach dem letzten nächtlichen Glockenschlag lancierte die 16-jährige Nina Schmid eine Unterschriftensammlung, um das Glockengeläut wieder zurückzuholen. Sie äusserte sich sehr überrascht über den Entscheid des Kirchenrates. «Dass der Glockenschlag jemanden stören könnte, hätte ich nie gedacht. Dass man etwas abschaffen muss, nur weil es für wenige störend wirken kann, verstehe ich nicht. Da alle den Glockenschlag hören, hätte ich vom Kirchenrat erwartet, dass sich die Bevölkerung an diesem Entscheid hätte beteiligen können.»
Nebst ihren Sammeltouren von Tür zu Tür quer durchs Oberdorf war auch im Alltag das Dokument für die Unterschriften stets griffbereit – mit Erfolg. Denn mittlerweile konnte die junge Hellbühlerin rund 180 Bürger vereinen, die sich das Glockengeläut ebenfalls zurückwünschen. Ende Mai soll das Projekt vorerst abgeschlossen und dem Kirchenrat sowie den Landeskirche Luzern als Petition vorgelegt werden. «Ich bin zuversichtlich, dass der Entscheid noch einmal gründlich überdacht und auch diskutiert wird», so Nina Schmid.
Unterstützung der Bevölkerung
Laut Alois Muff seien Wünsche betreffend Lautstärke des Glockenschlages aus verschiedenen Kreisen wiederholt vorgebracht worden. Von den Überbauungen Rütiweg und St. Wendelin (in unmittelbarer Nähe zur Kirche) seien keine Reklamationen eingegangen. «Es ist auch festzuhalten, dass bei der Realisierung der Bauprojekte in unmittelbarer Nähe zur Kirche das Läuten der Glocken als ‹Duldung von Immissionen› vertraglich festgehalten und im Grundbuch eingetragen wurde. Mit diesem Eintrag sicherte sich die Kirchgemeinde vor allem gegen Klagen um das kirchlich notwendige Glockengeläut bei Gottesdiensten und kirchlichen Anlässen ab. Denn an diesem historischen und traditionellen Glockengeläut hält der Kirchenrat nach wie vor fest», betont Alois Muff.
Wohlüberlegter Entscheid
Der Kirchenrat sei sich bewusst, so Alois Muff, «dass es Bewohnerinnen und Bewohner unserer Kirchgemeinde gibt, die unseren Entscheid nicht nachvollziehen können und enttäuscht sind. Der Glockenschlag, respektive das Kirchenglockengeläut, wird von den Menschen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Für die einen weckt der Glockenschlag Gefühle von Heimat und Feierlichkeit, es sind vertraute Klänge. Für andere ist das Glockengeläut vor allem störend und sollte abgeschafft oder wenigstens reduziert werden.»
Neben der aktuell laufenden Unterschriftensammlung seien seit dem 1. Mai keine weiteren Beschwerden gegen den wohlüberlegten Beschluss des Kirchenrats eingereicht worden, sagt Alois Muff. «Wir werden bestrebt sein, unsere Argumente und Überlegungen, die zu unserem Entscheid geführt haben, darzulegen, und mit den interessierten Personen zu diskutieren.»