In der Morgendämmerung kann man bereits wieder die Amseln singen hören – ein untrügliches Zeichen, dass der Frühling ins Land zieht. Wie die Vogelwarte Sempach in einer Mitteilung kürzlich festgehalten hat, spüren auch andere Vögel den Frühling. So markieren Eulen rufend ihre Reviere, Wanderfalken vollführen Balzflüge und die Saatkrähen sammeln emsig Zweige für ihre Nester.
Die Rückkehr der Zugvögel ist für den Betrachter aber oftmals nicht sichtbar, denn die meisten Tiere fliegen nachts aus den Winterquartieren am Mittelmeer oder in Nordafrika nach Europa zurück. Dies ist auch auf dem Vogel-zugradar ersichtlich, welcher auf der Website www.ornitho.ch der Schweizerischen Vogelwarte den Vogelzug in Echtzeit darstellt. Es sind jedoch lediglich die Anzahl Vögel und ihre Flugrichtung festzustellen. Um die Arten festzustellen, braucht es Beobachter.
Kurzstreckenzieher profitieren
Man stelle tendenziell fest, dass die sogenannten Kurzstreckenzieher immer später nach Süden ziehen und im Gegenzug früher aus den Winterquartieren zurückkehren, sagt Livio Rey von der Vogelwarte Sempach. Kurzstreckenzieher sind jene Vögel, die in Südeuropa überwintern. Dies hänge indirekt mit der Klimaerwärmung zusammen. Durch die milderen Winter liege weniger Schnee und die Seen und Teiche seien meist eisfrei. «Das Nahrungsangebot im Winter wird dadurch grösser.» Nicht die Wärme an sich sei der Grund, warum Vögel in andere Gebiete flögen. Sind sie erst mal in Europa und finden genügend Nahrung und angenehme Bedingungen vor, geht es weiter Richtung Norden. Bricht der Winter nochmals mit aller Härte herein, können Vögel wieder Richtung Süden flüchten – so weit, bis sie wieder gute Rastplätze mit ausreichend Nahrung vorfinden. «Die Vögel fliegen dann innerhalb von Europa etwas hin und her, immer getrieben von den Wetterbedingungen», sagt Livio Rey. Ein eigentlicher «Umkehrflug» nach Süden finde jedoch nicht statt.
Auslöser für den Rückflug sind nebst genetischen Faktoren die Tageslänge. Gerade die Langstreckenzieher, also jene Vögel, die in Afrika überwintern, können schliesslich nicht wissen, welches Wetter in Europa herrscht. Sie machen sich deshalb erst dann wieder auf den Rückweg, wenn die Bedingungen genügend gut sind für die Rückkehr. Sie haben mit dem sich verändernden Klima grosse Mühe, da der Frühling immer früher beginnt. Die Insektenlarven, mit denen die Langstreckenzieher ihre Jungen füttern, haben sich bereits verpuppt, wenn die Jungvögel schlüpfen. Dies führt dazu, dass für die Vögel immer weniger Nahrung zur Verfügung steht, sodass sie im Ex-tremfall verhungern.
Ein kräftezehrender Flug
Und wie orientieren sich Zugvögel auf ihrer Reise? Gemäss Livio Rey spielt herbei einerseits das Magnetfeld der Erde eine Rolle. Anderseits merkten sich die Vögel aber auch Wegmarken wie beispielsweise Berge oder grosse Gewässer oder Feuchtgebiete, die zur Rast einladen würden, sagt der Mediensprecher der Vogelwarte. Beim Nachtflug gäben auch der Mond und die Sterne wichtige Anhaltspunkte für die reisenden Tiere.
Auf ihrem Flug verbrauchen die Vögel viel Energie. Entsprechend wählten sie ökonomische Routen, erzählt Livio Rey. «Gerade die grösseren Vögel meiden das Überqueren langer Meerespassagen und Gebirge wie der Alpen.» Unterwegs lauern auf die Vögel etliche Gefahren. Einerseits droht ihnen die Erschöpfung durch die Länge ihrer Reise, gerade, wenn schwierige Witterungsbedingungen herrschen. Erschwerend kommen menschgemachte Ursachen wie die intensive Landwirtschaft und das Verschwinden von Feuchtgebieten hinzu. Als Beispiel für Letzteres ist etwa das Umland des Parque Nacional de Doñana in Andalusien zu nennen, wo die Erdbeerproduktion Ausmasse angenommen hat, die einen Wassernotstand nach sich zieht. Viele Feuchtgebiete sind verschwunden, worunter gerade auch die Zugvögel leiden.
Solche Feuchtgebiete sind auch in der Schweiz nicht im Überfluss vorhanden. In der Region zählt das Wauwilermoos zu jenen Gebieten, die gerne von Zugvögeln aufgesucht werden. «Die Vögel geben ein Spiegelbild der Umwelt ab», sagt Livio Rey. Waldbewohner haben es in der Regel gut in der Schweiz, ausser solchen, die auf lichte, artenreiche Wälder angewiesen sind. Die Kulturlandvögel jedoch seien wegen der intensiv betriebenen Landwirtschaft nach wie vor stark unter Druck.
Region
Manche Zugvögel kommen früher heim
Geri Wyss
06. März 2019
Die Zugvögel kehren aus ihren Winterquartieren zurück – auch in unsere Region. Wegen milden Wintern hört man die Vögel tendenziell früher im Jahr singen. Oder sie fliegen schon gar nicht mehr in den Süden.
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