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Organspende: Willen unbedingt festhalten

Geri Wyss 26. Oktober 2018

Yvonne Bucheli Matzinger hat vor zwölf Jahren ihren Mann durch einen Motorradunfall verloren. Sie musste entscheiden, ob Organe gespendet werden. Sie plädiert dafür, unbedingt mit Angehörigen über dieses Thema zu reden.

«Es war ein Schock. Ich befand mich in einer absoluten Ausnahmesituation.» Das sagt Yvonne Bucheli Matzinger aus Nottwil. Die heute 47-jährige Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zürich bekam vor zwölf Jahren die Nachricht, dass ihr Mann bei einem Motorrad-Selbstunfall schwerste Verletzungen erlitten hatte. Mehrere Hirnblutungen waren nicht mehr zu stoppen. Am Spitalbett ihres Mannes war klar, dass sie mit seinem Hirntod rechnen musste. Nachdem sie die ganze Nacht bei ihm verbracht hatte, sprachen sie die Ärzte am nächsten Morgen auf eine mögliche Organspende an. Sie musste entscheiden: Soll der Hirntod festgestellt und sollen dann ihrem Mann gewisse Organe entnommen werden oder sollen ihn Maschinen weiter künstlich am Leben erhalten?

 

Arzt gab Initialzündung

Einige Jahre vor dem Unfall hatte ein Kollege – selber Arzt –  das Ehepaar auf das Thema Organspende angesprochen. Sie habe sich weniger damit befasst, ihr Mann jedoch habe eines Tages die Initiative ergriffen und das Gespräch mit ihr gesucht, erzählt Yvonne Bucheli. «Wir haben uns dann beide dafür entschieden, Organe zu spenden.» Sie bestellten Organspendeausweise und vermerkten darauf, welche Organe im Falle des Hinschieds entnommen werden dürfen.

Dass beide über die Organspende geredet haben und sie über den Willen ihres Mannes wusste, habe ihr beim Entscheid im Spital enorm geholfen. Denn erschwerend war, dass ihre Schwiegereltern kein einheitliches Signal aussandten, ob sie mit einer Organentnahme bei ihrem Sohn einverstanden seien. «Ich konnte es nur durchziehen, weil ich wusste, dass mein Mann Organe spenden wollte», blickt Yvonne Bucheli auf die schweren Stunden vor zwölf Jahren zurück. Ohne dieses Wissen hätte sie sich in dieser Situation wahrscheinlich eher gegen eine Organentnahme ausgesprochen.

 

Zwei Teams stellten Hirntod fest

Nach dem Beschluss wurden im Kantonsspital in Luzern Tests gemacht, die den Hirntod des Verunfallten feststellten. Den Sachverhalt musste jedoch noch ein zweites Ärzteteam bestätigen und so stand der Transport durch die Rega ins Universitätsspital nach Zürich bevor. Dort sollte auch überprüft werden, ob die zur Spende vorgesehenen Organe gesund waren. «Bevor der Transport stattfand, nahm ich Abschied von meinem Mann», erzählt Yvonne Bucheli. Später, zuhause, bekam sie dann den Anruf aus Zürich, dass der Hirntod bestätigt war. Danach musste es schnell gehen. Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Nieren wurden entnommen und für Empfänger bereitgestellt. «Die Organe mussten sofort transplantiert werden», sagt Yvonne Bucheli. Gemäss Transplantationsgesetz dürfen zwischen der Feststellung des Hirntodes und der Organentnahme maximal 72 Stunden liegen.

 

Emotionale Extremsituation

Die Unterscheidung zwischen Hirntod und dem definitiven Tod – durch den Totenschein erst im Universitätsspital Zürich festgelegt – war für Yvonne Bucheli schwierig zu verstehen. «Für mich ist ein Mensch tot, wenn das Hirn nicht mehr funktioniert.» Im Spital in Luzern habe sie irgendwann gespürt, wie die Energie bei ihrem Mann schwand und schliesslich ganz weg war. «Ich wusste, mein Mann war nun gegangen.» Sie habe auch gemerkt, dass sie diese Zeit der Entscheidung und des Abschiednehmens nicht ohne Unterstützung durchstehen kann, denn auch die Angehörigen befanden sich emotional in einer Extremsituation und brauchten ebenfalls Hilfe, um das Geschehene zu verstehen. «Während des ganzen Prozesses begleitete uns auf meinen Wunsch hin eine Spitalseelsorgerin. Sie hat mit uns das Abschiednehmen von meinem Mann gestaltet und war bei den Gesprächen mit den Ärzten und Ärztinnen einfach präsent.» Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes habe sie sich nochmals mit ihr getroffen und mit ihr reden können. «Das hat mir extrem geholfen», sagt Bucheli.

 

Einen Sinn erkennen können

Die Stiftung Swisstransplant hatte Yvonne Bucheli auch auf die Möglichkeit hingewiesen, ob sie wissen wolle, wie es den Empfängern der Organe ihres Mannes ein halbes Jahr nach der Transplantation gehe. Sie wollte und erfuhr, dass alle fünf lebten und dank den Organen eine andere, verbesserte Lebensqualität geniessen konnten. «Das bestärkte mich darin, dass ich damals richtig entschieden habe», sagt Yvonne Bucheli. So habe sie im Tod ihres Mannes auch einen Sinn sehen können. Eindrücklich sei ebenfalls eine Begegnung vor zwei Jahren mit einer Studentin an der Pädagogischen Hochschule in Zürich gewesen. «Vor mir stand eine junge Frau, von der ich wusste, dass sie eine transplantierte Lunge hatte. Sie war voll im Leben, eine engagierte junge Lehrperson.» Das habe ihr ein weiteres Mal ein gutes Gefühl gegeben, sich für die Freigabe der Organe ihres Mannes und selber für die Organspende ausgesprochen zu haben.

Yvonne Bucheli Matzinger betont aber, dass man sich ebenso berechtigt gegen eine Organspende aussprechen könne. «Das ist völlig akzeptabel. Wichtig ist einfach, dass man sich die Gedanken dazu macht und dann seinen Entscheid den Angehörigen gegenüber kommuniziert.» Ansonsten hinterlasse man ihnen eine Riesenlast und dies auch noch, während sie sich in einer Ausnahmesituation befinden. 

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