Die Praxis der diplomierten psychologischen Beraterin Monika Risi Widmer liegt in Sempach Station leicht erhöht mit prächtigem Blick auf den Sempachersee – in Räumen des Schlosses Wartensee. Manche sagen von diesem Fleck, es sei ein Kraftort. Kraft, neue Impulse und Rat suchen bei Monika Risi unter anderem auch Liebespaare. An Arbeit fehlt es der 54-Jährigen nicht, gerade auch, seitdem die Corona-Pandemie die Menschen umtreibt.
Kinderlose: Mehr Luft dank Corona
Die Corona-Pandemie schränkt die Möglichkeiten, sich zu treffen, seit geraumer Zeit schon stark ein. Auch Freizeitaktivitäten sind somit massiv reduziert. Und: Physische Nähe ist nur noch bedingt möglich. Was macht Corona mit Paaren, mit ihrem Bedürfnis nach Nähe und körperlicher Intimität? Paare ohne Kinder lebten ihre Beziehung im Wesentlichen aus wie bisher, erzählt Monika Risi aufgrund ihrer Erfahrungen aus der Praxisarbeit. Mehr noch: Gerade während des ersten Lockdowns im Frühling hätten diese Paare plötzlich mehr Raum vorgefunden. «Man war mehr zusammen als üblich, verbrachte mehr gemütliche Abende zu zweit», sagt Risi. Dies habe den Kitt festigen und auch sexuelle Interaktionen beflügeln können.
Jeder braucht seine Insel
Anders sehe es indes nun im zweiten Lockdown aus. «Es ist eine deutliche Corona-Müdigkeit feststellbar.» Etliche kinderlose Paare hätten erzählt, dass die viele gemeinsame Zeit irgendwann das Bedürfnis nach Zeit für sich, nach Rückzugsorten und dem Austausch mit anderen Menschen wieder habe grösser werden lassen. Man habe die ganzen Einschränkungen und die damit verbundene Langeweile einfach auch langsam satt. «Man klinkt sich gewissermassen aus, konsumiert einen Film, surft im Internet, lenkt sich irgendwie ab», erzählt Monika Risi von Schilderungen ihrer Klientinnen und Klienten.
«Ich rate diesen Paaren, das Heft wieder richtig in die Hand zu nehmen und sich Inseln zu schaffen; einerseits, um sich wieder bewusst einander zuzuwenden, sich zu umarmen und zu berühren. Oder um es sich mal irgendwo in einem Hotel einfach gut gehen und sich im Restaurant bedienen zu lassen.» Andererseits dienten diese Inseln aber auch dazu, dass sich jeder Partner Zeit für sich nehmen, mit jemandem abmachen oder sich in der Natur bewegen könne, nennt Risi weitere Beispiele.
Bedürfnis nach Nähe bleibt
Gehört einer der Partner einer Risikogruppe an, wird die Vorsicht wegen des Ansteckungsrisikos grösser. Monika Risi glaubt aufgrund des ihr Zugetragenen, dass man die Risiken als erstes mit Homeoffice minimiere. Ist dies nicht möglich, dann achte die Person, die auswärts arbeite, in besonderem Masse auf Hygiene und Abstand. «Es gibt Beispiele aus Spitälern, in denen Pflegepersonal aus Zimmern mit Corona-Patienten abgezogen wurden, weil es mit jemandem aus einer Risikogruppe zusammen ist.» So nähmen auch Arbeitgeber auf solche Konstellationen Rücksicht. «Diese Paare lassen eher grössere Vorsicht ausserhalb der eigenen vier Wände walten, als dass sie Abstriche bei der Nähe und Zärtlichkeit machen», schätzt Monika Risi ein. Letzteres sei schliesslich auch ein zentrales Element der Gesundheitsvorsorge und Stärkung des Immunsystems, ist sie überzeugt.
Familien besonders gefordert
Bei Paaren mit Kindern ist die Situation wegen Corona eine ganz andere. Sie sind permanent stark gefordert. Der Nachwuchs ist viel häufiger zuhause, weil all die sonstigen Beschäftigungen auswärts kaum mehr möglich sind. Teilweise sei auch Homeschooling angesagt, das den Paaren kaum mehr Luft und Zeit für sie selber lasse – gerade auch im Hinblick auf körperliche Nähe und Sexualität, führt Monika Risi aus.
Erschwerend komme für diese Paare noch hinzu, dass sie auch nicht so leicht Betreuungspersonen für ihre Kinder finden könnten. «Soll man eine Hüteperson engagieren? Kann man die Kinder zu den Grosseltern oder zur Gotte oder zum Götti in die Obhut geben?» Bei solchen Fragen entstünden rasch auch Unsicherheiten, nicht zuletzt bezüglich der Vorgaben des Bundes, macht Monika Risi deutlich. Patentrezepte gebe es hier nicht, es gelte immer, individuelle Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten in Ordnung seien und hinter denen sie stehen könnten.
Junge leiden besonders
Gar nicht zu beneiden seien junge Leute, fügt die psychologische Beraterin an. Ihr Leben ist massiv eingeschränkt und dies in einer Zeit, in der sie sich selber erst im veränderten Leben auf der Schwelle des Erwachsenwerdens finden müssen. Es sei nicht zumutbar, dass Jugendliche ihren Freund oder ihre Freundin über Wochen oder gar Monate nicht mehr sehen könnten, ist Monika Risi der Meinung. «Und sie müssen auch körperlich einander spüren und ihre Bedürfnisse besser kennenlernen können.»
Internet und WGs
Wer eine Partnerin oder einen Partner kennenlernen oder einfach andere Jugendliche um sich haben möchte, müsse gezwungenermassen auf die Möglichkeiten ausweichen, die noch bestünden. «Soziale Netzwerke und andere Plattformen im Internet boomen mehr denn je», sagt Monika Risi. Sie wisse auch von Jugendlichen, die sich bewusst entschieden hätten, Wohngemeinschaften zu gründen, um regelmässige Gesellschaft möglich zu machen. Für junge Menschen seien die Massnahmen rund um die Corona-Pandemie besonders einschneidend, unterstreicht Monika Risi.