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«Bauen ist immer ein emotionales Thema»

Flavia Rivola 08. Dezember 2025

An der Gemeindeversammlung in Sempach wurden seitens der FDP Vorbehalte zu den Prozessen im Bauwesen der Stadt geäussert. Auf Nachfrage dieser Zeitung gibt Stadtrat Marcel Hurschler, Leiter Raum, Energie und Umwelt (RUE), vertiefter Auskunft zu seinem Ressort.

An der Gemeindeversammlung in Sempach wurden seitens der FDP Vorbehalte zu den Prozessen im Bauwesen der Stadt geäussert. Auf Nachfrage dieser Zeitung gibt Stadtrat Marcel Hurschler, Leiter Raum, Energie und Umwelt (RUE), vertiefter Auskunft zu seinem Ressort.

Marcel Hurschler, Personalwechsel, lange Wartezeiten und Handlungsbedarf in Ihrem Verwaltungsressort – warum ist beim RUE aktuell der Wurm drin?

Trotz wachsender Komplexität der Baugesuche konnte das Bauamt in diesem Jahr mehr Gesuche bearbeiten und genehmigen als je zuvor. Daher kann man nicht sagen, dass « der Wurm drin ist » . Ich schütze meine Mitarbeitenden vor solchen populistischen Aussagen. Die Anforderungen an Baugesuche sind in den letzten Jahren durch die Innenverdichtung in allen Gemeinden stark angestiegen, was manchmal zu emotionalen Reaktionen führt. Bei der Gemeindeversammlung habe ich klar bestätigt, dass ich mit dem aktuellen Stand noch nicht zufrieden bin und weitere Massnahmen ergreifen werde, um den Prozess weiter zu verbessern.

Sie haben an der Gemeindeversammlung Optimierungs-Massnahmen vorgestellt, die sich aber nicht mit den Ansatzpunkten der FDP decken (z. B. Veränderung in der Zusammensetzung der Ortsbildkommission oder eine Anpassung des Wettbewerbsverfahrens). Warum nicht?

Wir haben die Baugesuche der letzten 12 Monate genau analysiert und bedarfsgerecht prozessuale Optimierungen vorgenommen, die teilweise bereits umgesetzt wurden. Bei der FDP-Versammlung habe ich betont, dass die von der FDP vorgeschlagenen Massnahmen in die falsche Richtung gehen würden. Bei Baugesuchen sind neben den Interessen der Bauherren auch die Interessen der Nachbarschaft und der öffentlichen Hand zu berücksichtigen. Unser Ziel bleibt, auch bei Einsprachefällen rechtsgültige Bauentscheide treffen zu können.

Die FDP hat einen neuerlichen Antrag gestellt, dass ein runder Tisch mit den Bauherren und dem Kanton eingerichtet werden soll. Für wie zielführend halten Sie diese Idee?

Der Stadtrat wird den Antrag zeitnah behandeln. Grundsätzlich bin ich offen für einen runden Tisch. So interessiert es mich besonders, warum Planungsunterlagen oft erst nach Monaten vervollständigt werden, warum es häufig Wechsel im Planungsteam gibt und warum Bauausführungen oft ohne rechtzeitige Planänderungsgesuche von den bewilligten Plänen abweichen. Ein weiteres Problem ist, dass viele Bauherren den frühzeitigen Einbezug der Nachbarschaft zunehmend vermeiden.

Wie geht es nun weiter mit dem Antrag?

Gemäss Art. 20 Abs. 3a der Gemeindeordnung hat der Stadtrat den Antrag zur Prüfung und Berichterstattung entgegengenommen. 

Wie geht es weiter im RUE?

Der Bereich Raum, Umwelt und Energie funktioniert. Per Anfang 2026 wird mit Sabrina Maurer eine neue Person die Bereichsleitung übernehmen. Urs Müller wird neu wieder in seine ursprüngliche Funktion gehen. Ich möchte Urs Müller herzlich danken für seine Leitungsfunktion während den letzten gut 2 Jahren. Eine Stelle ist noch im Besetzungsprozess.

Wie zuversichtlich bleiben Sie, dass sich die Lage bald verbessert und beruhigt?

Bauen ist immer ein emotionales Thema und die Interessen der Grundeigentümer, der Nachbarn und der Baubehörden können sich oft widersprechen. Die Verpolitisierung des Themas ist eine Gratwanderung. Für funktionierende Prozesse sind stabile personelle Ressourcen im Bauamt entscheidend. Personelle Wechsel führen oft zu Wissensverlust, weshalb sie möglichst vermieden werden sollten. Insgesamt sehe ich die Lage heute als besser an als Ende 2024.

Waren Sie sich bei der Ankündigung eines Ressortwechsels in den Bereich RUE bewusst, dass es solchen Druck geben kann?

Ich wohne seit 2005 in Sempach. Dabei habe ich seither immer wieder Kritik am Bauamt gehört. Die Innenverdichtung wird den Druck noch weiter erhöhen. Ähnliche Kritik kann man in zahlreichen anderen Gemeinden feststellen und auch verschiedene Vorstösse im Kantonsrat wie im eidgenössischen Parlament spiegeln vergleichbare Themen.

Als ich 2023 meinen Ressortwechsel ankündigte, war mir der Druck, den meine Vorgängerin über 16 Jahre erfahren hatte, sehr bewusst. So habe ich festgehalten, dass der Ressortverantwortliche RUE einen starken Rücken brauchen, um den Druck auszuhalten. Das Bauamt und ich arbeiten dauernd daran, die Strukturen und Prozesse kontinuierlich zu stärken. Bei den letzten Gemeindeversammlungen habe ich aber wiederholt klargestellt, dass die Verbesserungen ein langfristiges Ziel sind. Wir müssen auch die Architekten bezüglich Grenzen der Verdichtung sensibilisieren. So ist es zum Beispiel in einer Wohnzone mit einer Gebäudehöhe von 7 Metern nicht möglich, drei Wohngeschosse zu realisieren, auch wenn immer wieder entsprechende Vorprojekte eingereicht werden. Der Stadtrat hat im Legislaturprogramm festgehalten, dass wir ein regionales Bauamt aufbauen wollen, und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen.

Haben Sie seit der Gemeindeversammlung noch weiteres Feedback erhalten?

Ja, ich habe zahlreiche Feedbacks erhalten. Die Stossrichtung der Rückmeldungen ist vielseitig. Die Rückmeldungen spiegeln, dass es nicht nur die Rechte der bauwilligen Grundeigentümer, sondern auch die der Nachbarn gibt. Es zeigte sich auch, dass im Gegensatz zur FDP nicht alle eine zunehmende Bautätigkeit in Sempach anstreben. Viele wünschten mir persönlich viel Kraft und Energie, um mit der Kritik umzugehen, aber auch den Mitarbeitenden des Bauamts. Ich kann versichern, dass wir alle die Ambition haben, dass das Bauamt weiterhin rechtsgültige Bauverfahren gewährleisten kann. 

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