Skip to main content Skip to page footer

Suchformular

Anmeldung wird geprüft

Region

Was bringt die Aufgaben- und Finanzreform?

pd 15. Mai 2019

Der Begriff «AFR 18» ist aktuell in aller Munde. Am Sonntag wird über die Aufgaben- und Finanzreform 2018 abgestimmt. Während der Neuenkircher Gemeindepräsident Kari Huber zum Nein-Lager gehört, tritt der Sempacher Stadtpräsident Franz Schwegler für ein Ja ein. Wir haben sie in einem Interview befragt.

Kari Huber, Franz Schwegler – das Thema AFR 18 ist komplex und spaltet die Gemeinschaft. Erklären Sie uns in wenigen eigenen Worten den Inhalt.

Kari Huber: Durch die AFR 18 sollen die Kosten für die Volksschulbildung neu zur Hälfte vom Kanton getragen werden, bis heute zahlt der Kanton nur 25 Prozent und die Kosten für den Wasserbau würden neu zu 100 Prozent vom Kanton übernommen. Diese Mehrkosten für den Kanton müssen die Gemeinden kompensieren, indem sie andere Aufgaben übernehmen resp. auf Sondersteuern verzichten.

Franz Schwegler: Seit rund zehn Jahren fordern die Gemeinden vom Kanton eine höhere Beteiligung an den Schulkosten. Mit der AFR 18 wird dieses Postulat nun erfüllt und die Kosten der Volksschule werden  neu je hälftig zwischen Kanton und Gemeinden aufgeteilt. Gleichzeitig übernimmt der Kanton die gesamten Aufwände des Wasserbaus (Bachverbauungen, Hochwasserschutz u.a.). Damit werden  die Gemeinden um insgesamt 200 Millionen entlastet. Im Gegenzug übernehmen sie andere Aufgaben resp. akzeptieren Umverteilungen  in ähnlichem Umfang. Insgesamt werden die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden besser verteilt, wobei vor allem ländliche Kommunen mit kleinerer Finanzkraft, aber grossen Schul- und Gewässer-Aufgaben grösseren Nutzen ziehen.

 

Kari Huber, in einem Satz zusammengefasst: Warum nein?

Die Befürworter behaupten, dass die AFR 18 für den Kanton und die Gemeinden zu einer finanziellen Entlastung wird, wobei ich zu bedenken gebe, dass der Kuchen auch in Zukunft gleich gross bleibt, aber neu aufgeteilt wird – wie damit am Schluss beide Seiten besser dastehen sollen, übersteigt meine Vorstellungskraft.

 

Franz Schwegler – warum ja?

Der Kanton leistet neu im grössten und wichtigsten Bereich, der Schule,  endlich einen fairen Kostenanteil, der seinem Mitspracherecht entspricht. 

 

Kari Huber, warum verlieren in den Augen des Nein-Komitees die Gemeinden auf lange Sicht?

Neu müssten die Gemeinden sämtliche Sozialkosten alleine tragen. Der Kanton zieht sich völlig aus der sozialen Verantwortung. Diese Kosten steigen in naher Zukunft deutlich stärker als die Bildungskosten, was zu einem finanziellen Notstand in vielen Gemeinden führen kann. Kommunale Steuererhöhungen werden die Folge sein, die vor allem finanzschwächere Gemeinden hart treffen werden. So gesehen torpediert die AFR 18 die Solidarität zwischen den Gemeinden. Zudem, die Mitbestimmung der Bürger ist bei einer Verschiebung der Aufgaben tiefer, als wenn sie bei den Gemeinden bleiben würden. Die Vorlage geht auch mit einem Verlust der demokratischen Mitbestimmung einher.

 

Franz Schwegler, für die Befürworter ist AFR 18 ein austariertes System, das die Forderungen des Kantons und der Gemeinden einhält. Wie begründen Sie das?

Die Einlösung der Versprechen zum Volksschulkostenteiler und zum Wasserbau sind eine Errungenschaft. Kanton und Gemeinden werden aber gleichzeitig insgesamt entlastet, die grosse Mehrheit der Gemeinden profitiert. Die Folgen für die wenigen Verlierergemeinden werden mit einem Härteausgleich abgefedert.

 

Kari Huber, warum entzieht ich der Kanton in Ihren Augen seiner sozialen Verantwortung?

Sozial schlechter gestellte Menschen sollen überall leben dürfen, ohne dass diese von der Gemeinschaft als Last betrachtet werden. Wenn die Gemeinden diese mit grösster Sicherheit stark wachsenden finanziellen Aufwendungen selber tragen müssen, besteht eben genau diese Gefahr, dass Ergänzungsleistungsbezüger als finanzielle Herausforderung oder gar als Last gesehen werden. Das wäre eine menschenunwürdige Entwicklung. Trägt der Kanton, wie bis heute, diese ganz wichtige Finanzierung mit, so besteht die Gefahr der Ausgrenzung nicht.

 

Franz Schwegler, unter AFR 18 übernehmen die Gemeinden unter anderem die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV sowie die Prämienverbilligungen für Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger. Sind das kalkulierbare Positionen?

Ja. Einerseits sind die genannten Kostenblöcke mit knapp einem Viertel wesentlich kleiner als jener der Volksschule (47 Mio. gegenüber 161 Mio. bei den Schulausgaben). Zudem werden gemäss LUSTAT die Volksschulkosten  infolge höheren Schülerzahlen und Infrastrukturaufgaben in den nächsten Jahren um ca. 15 Prozent  wachsen – dieses Risiko können die Gemeinden abgeben. Unbestritten werden demographisch bedingt die Ergänzungsleistungen zur AHV auch steigen, aber das Gesamtpaket des AFR 18 hält sich die Waage!

 

Kari Huber, geben Sie eine Prognose zum Wahlergebnis?

Eine Prognose ist ganz schwierig. In Anbetracht der sehr massiven Ja-Kampagne gehe ich aber von einer Annahme aus. In diesem Fall hoffe ich, dass unsere Befürchtungen nicht eintreffen werden. Andernfalls muss der VLG (Verband Luzerner Gemeinden) sich vehement für die Interessen der Gemeinden einsetzen und Korrekturen anbringen.

 

Franz Schwegler, Ihre Prognose?

Ich bin zuversichtlich, dass die AFR 18 mit 55 bis 60 Prozent angenommen wird.

Schon gelesen ?