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Sempach

«Auch Unmögliches ist möglich»

Geri Wyss 21. August 2019

Geflüchtete Menschen bringen oftmals grosses berufliches Potenzial mit sich. In einigen Fällen harzt die soziale und berufliche Integration, in manchen funktioniert sie gut. Letzteres gilt auch im Fall von Omid Ghoreishi – auch wenn viel Geduld vonnöten war …

Er ist mutig, er ist ambitioniert und er hat eine Geschichte zu erzählen: Omid Ghoreishi ist vor vier Jahren – damals war er gerade mal 19 Jahre alt geworden – vom Iran in die Schweiz geflüchtet. Der gebürtige Afghane wuchs in einer streng muslimischen Familie auf. Religion war ein Grund, weshalb er sich damals dazu entschied, den Iran zu verlassen. Ein weiterer waren die fehlenden Perspektiven und die vielen Restriktionen. «Wir lebten als Flüchtlingsfamilie im Iran. Ohne Bürgschaft konnte ich nicht Auto fahren, hatte keinen Zugang zur iranischen Universität. Ich fühlte mich in meiner persönlichen Freiheit verletzt», so Omid Ghoreishi, der sich, mit Ausnahme des Rechtsbegriffes «Bürgschaft», ganz ohne sprachliche Unterstützung erklärt. Ganz allgemein sind seine Deutschkenntnisse beeindruckend gut. Etwas, worauf der 23-Jährige stolz sein kann – und ihm auch sehr wichtig ist. «Die Sprache zu lernen und schlussendlich zu beherrschen, ist das A und O für einen Migranten. Damit fängt alles an: Wenn man versteht, was die Leute sagen wollen, kann man sich besser in sie hineinversetzen. Kann man sich in die Leute hineinversetzen, kann man besser miteinander kommunizieren, und wenn das funktioniert, kann man sich einfacher integrieren.»

 

Was lange währt …

Vor rund drei Wochen hat Omid Ghoreishi seine dreijährige Lehre als Bekleidungsgestalter bei «Lu Couture» in Luzern begonnen. Ein Meilenstein, der jedoch hart erarbeitet werden musste und einige Zeit auf sich warten liess. «Omid musste zweieinhalb Jahre auf den Bescheid des Migrationsamts warten, ob er als vorläufig anerkannter Flüchtling in der Schweiz bleiben darf oder das Land wieder verlassen muss. Das war eine lange und keine sehr schöne Zeit», sagt Arthur Ineichen, Mitglied der Aktionsgruppe Oberer Sempachersee (AGOS), die sich stark für die Flüchtlingsinte-gration einsetzt. In jener Zeit hat er ein Praktikum in einer Grafikagentur in Luzern absolviert und im Restaurant Seeland Sempach gearbeitet. Mit dem verdienten Geld bezahlte er seinen Deutschunterricht. Daneben hat er viel Zeit in die soziale Integration investiert. «Hier in Sempach habe ich oft beim Suppentag und im ‘Chelekafi’ mitgeholfen. Dabei habe ich viele wertvolle Kontakte knüpfen und meine Deutschkenntnisse noch weiter verbessern können», erzählt Ghoreishi. Als er dann endlich als vorläufig Aufgenommener den F-Ausweis in den Händen hielt, erhielt er freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Doch anstatt sich gleich um einen Job zu bewerben, wollte Omid Ghoreishi sich erst einmal richtig ausbilden lassen. «Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge, die unter 23 Jahre alt sind, erhalten die Möglichkeit eines vom Bund finanzierten integrativen Brückenangebots. Omid hatte insofern Glück, dass er dieses Alter noch nicht erreicht hatte», meint Arthur Ineichen. Zwei Jahre besuchte Ghoreishi während fünf Tagen in der Woche die Schule. In Fächern, bei denen er schulisch zu kämpfen hatte, nahm er in seiner Freizeit Nachhilfeunterricht. «Ich wollte lernen und ich wollte mich stets verbessern. Wenn es schwierig wurde, liess ich die negative Energie gar nicht erst zu.»

 

Potenzial nutzen

Dass Omid Ghoreishi sich für eine Lehrstelle in einem Modehaus beworben hat, ist kein Zufall. Im Iran hat er als Schneider gearbeitet, bringt also bereits das nötige Verständnis und Gefühl für den Beruf mit. Potenzial, das auch dem Arbeitgeber zugute kommt. «In der Schweiz gibt es viele freie Lehrstellen. Diese durch den Einsatz von Flüchtlingen zu füllen, die oftmals viel Potenzial und Kompetenzen mitbringen, wäre eine gute Wahl», sagt Arthur Ineichen. Es setze aber auch voraus, dass der potenzielle Arbeitgeber genügend Sensibilität im Umgang mit Flüchtlingen und ihren Schicksalen besitze. «Wir sind in der Schweiz schon viel weiter als noch vor 20 Jahren, was die Haltung gegenüber Arbeitsintegration von Flüchtlingen anbelangt. Dazu trägt besonders auch die jüngere Generation viel bei», erklärt Ineichen.

 

Von Träumen und Zielen

Mit viel Fleiss, Biss und Willen hat Omid Ghoreishi im Schweizer Arbeitsmarkt Fuss gefasst und sich so die Grundsteine für eine längerfristige Zukunft hier gelegt. Viele seiner persönlichen Ziele hat er bereits erreicht, doch ausgeträumt hat der Afghane, dessen Bruder mittlerweile ebenfalls in die Schweiz in den Kanton Uri geflüchtet ist, noch lange nicht. «Ich strebe ganz klar die B-Aufenthaltsbewilligung an», erklärt er. Nun heisst es aber erstmals, seine Lehre erfolgreich absolvieren zu können. «Wenn ich das erreicht habe, sollte dem auch nichts mehr im Wege stehen. Und auch für die weitere berufliche Zukunft habe ich bereits einige Ideen: Vielleicht lasse ich mich dann noch weiterbilden und nutze mein grafisches Wissen, um später mal Modedesign oder etwas Ähnliches zu machen. Denn eines habe ich gelernt: Unmögliches ist möglich – dein Schicksal hast nur du ganz alleine in deinen Händen!»

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