Die Ateliergemeinschaft «Mixer» beim Löwenplatz in Luzern findet sich etwas versteckt hinter dem Komplex mit dem Kino Bourbaki. Hinter den Fenstern prangen verschiedene Plakate. Und im Innern des Gebäudes mit dem knarzenden Boden stehen Pulte mit Computern, die von Büchern und Stapeln mit Blättern und Notizen gesäumt sind. Auch die Wand mit Büchern deutet darauf hin, dass hier kreative Köpfe am Werk sind.
Einer davon ist Erich Brechbühl, der «Mixer» mitgegründet hat. Viele seiner Kundinnen und Kunden sind in der Luzerner Kulturszene zu Hause. Aber Aufträge stammen auch von regionalen, nationalen oder gar internationalen Unternehmen, die sich auf ihrem Weg zu einer einzigartigen Unternehmensidentität vom 47-jährigen Sempacher beraten lassen. So hat er unter anderem für den US-Sportartikelhersteller Nike Plakate gestaltet, für die deutsche Wochenzeitung «Die Zeit» Logos für fünf politische Parteien neu erschaffen oder dafür gesorgt, dass das Museum für Gestaltung in Zürich eine Ausstellung hat promoten können.
«Schtei»-Plakate und Stadtauftritt
Doch Erich Brechbühl hat auch im Einzugsgebiet dieser Zeitung Spuren hinterlassen. Vielen dürften die durchs Band in Schwarz-Gelb gehaltenen Konzertplakate des Kulturlokals «im Schtei» ein Begriff sein. Ebenso kommt das gesamte Erscheinungsbild der Stadt Sempach aus der Feder von Brechbühl, sodass seit 2010 wieder der Löwe statt das Luzernertor und der Hexenturm das Logo bildet.
Wobei, «aus der Feder» ist eigentlich nicht der korrekte Begriff dafür, was die Arbeit von Erich Brechbühl ausmacht. Seine Ideen im Kopf bringt er in der Regel erst einmal mit einer einfachen Skizze aufs Papier. Dann aber macht er bald am Computer weiter; mit einem zwei- oder dreidimensionalen Programm, das visualisiert, was die Auftraggeber dank der Expertise Brechbühls in Schrift und Bild ausdrücken wollen.

Ein animiertes Plakat für die Theatergruppe «Aeternam» und ihr Stück «Eigene Nachrichten aus dem All» (2016).
Foto zVg
Partizipativer Weg
Für ihn sei wichtig, die Kundschaft frühzeitig in den Entwicklungsprozess miteinzubeziehen, sagt Erich Brechbühl. Dadurch wisse er über die Erwartungen und Vorstellung des Gegenübers Bescheid und könne sich ein genaueres Bild darüber machen, wie das, was via Grafikdesign gesagt werden soll, am besten umzusetzen sei. «Ich versuche dabei auch aufzuzeigen, warum ich mich für genau diesen Weg entschieden habe», erläutert Erich Brechbühl.
Wichtiger Austausch
Dass man sich an den Luzerner Grafikdesigner wendet, hat auch mit Vertrauen zu tun. Denn seine Arbeit hat sich längst weit herumgesprochen. Davon zeugen etliche preisgekrönte Plakate, viele Anfragen für Referate oder Einsitze in Fachjurys. Das Netzwerk ist ein wesentlicher Pfeiler für Erich Brechbühls Wirken. Dazu trägt auch das Luzerner Graphic Design Festival «Weltformat» bei, das er 2009 mitbegründet hatte und dessen Leitung er nun nach 16 Jahren in jüngere Hände übergibt (siehe Kasten).
Fundierte Ausbildung
Angefangen hatte Brechbühls Karriere mit einer Lehre als Typograf (heute Polygraf), dank der er den technischen Teil des Berufs kennenlernen konnte. Es folgte eine weitere Ausbildung beim Grafikdesigner Niklaus Troxler, bekannt geworden etwa durch die Plakate für das Willisauer Jazzfestival, die sich in erster Linie auf das Gestalterische konzentrierte. «Dank ihm habe ich gelernt, auf die Kraft der Bildsprache zu vertrauen und das in einem Plakat auszudrücken, was beispielsweise ein Konzert, ein Theaterstück oder ein anderweitiges Kunstschaffen ausmacht und einzigartig erscheinen lässt.»
Kontroverses «Ausrufezeichen»
Eines der ersten preisgekrönten Plakate Brechbühls war jenes zu einer Neuinszenierung des Theaterstücks «Sennentuntschi» des Schweizer Schriftstellers Hansjörg Schneider, das 1972 für einen Skandal gesorgt hatte. Darin geht es um drei Älpler, die in ihrer Langeweile eine weibliche Puppe basteln, die auf einmal lebendig wird und ihnen zu Willen ist, aber auch immer unheimlichere Züge annimmt. Er hatte sich für eine Darstellung einer Sexpuppe entschieden, die wie eine volkstümliche Stickerei daherkommt.
Steter Lernprozess
«In meinem Beruf lerne ich ständig Neues hinzu», macht Erich Brechbühl eine Aussage, die auch den Wandel im Grafikdesign widerspiegelt. So ist es heute sowohl für ihn selber als auch für viele seiner Kundinnen und Kunden selbstverständlich, dass sie sich auf den Social-Media-Plattformen bewegen. Und die Computer ermöglichen immer ausgefeiltere Möglichkeiten des Schaffens.
Doch woher holt der Sempacher grundsätzlich seine Inspiration? «Inspiration versuche ich mir immer hauptsächlich aus dem Projekt selber zu holen. Dadurch kann ich sicherstellen, dass ich möglichst nahe am Inhalt bleibe und ein dem Projekt entsprechendes Design kreiere.» Daneben sei ihm der Austausch mit anderen Grafikerinnen und Grafikern sehr wichtig, führt Brechbühl weiter aus. So könne er von den Erkenntnissen und auch Fehlern der anderen lernen und daran als Designer mitwachsen.
Trio übernimmt die Leitung
«Weltformat» Beim Luzerner Grafikfestival «Weltformat» steht ein Generationenwechsel an. Nach 16 Jahren gibt Mitgründer Erich Brechbühl die künstlerische und organisatorische Leitung an die drei selbstständigen Designerinnen Svenja Kolly, Michèle Raez und Mia Gujer ab. Alle drei haben das Bachelorstudium Graphic Design an der Hochschule Luzern absolviert. Erich Brechbühl bleibt Präsident des Trägervereins. Das nächste «Weltformat» findet vom 4. bis 11. Oktober statt und bietet nebst diversen Ausstellungen und Workshops auch ein reichhaltiges Rahmenprogramm. Weitere Infos: www.weltformat-festival.ch. RED