Doch was hat es mit diesen Corporis-Christi-Bruderschaften (CCP) eigentlich auf sich? Die Entstehung geht auf den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück, wie die folgenden Recherchen der langjährigen Sekretärin des Vereins, Marie Theres Helfenstein, im Archiv ergeben haben: Damals stand ein Ritter und Edelmann, Ulrich von Segesser, Oberst in Luzern, in päpstlichen Diensten. Als greiser Offizier, geschmückt mit zahlreichen Orden und Auszeichnungen, kehrte er in die Heimat zurück. Mit grossem Eifer widmete er seine Kräfte nun noch dem Wehrwesen. Damals war dieses noch nicht den Kantonen unterstellt. Die Bezirke und Gemeinden waren verpflichtet, eine Anzahl Bürger auszurüsten und zur Instruktion in die Garnison zu schicken. In diesen Zeiten finden sich die buntesten Bilder von verschiedenen Uniformen. Segesser wurde als Bürger des Standes Luzern Oberinstruktor. Als christlicher Mann besammelte er jeweils seine Truppen am Fronleichnamstag und versah mit ihnen den Ehrendienst an der Fronleichnamsprozession. Den Artilleristen und Sappeuren wurde das Schiessen übertragen. So entstand die Corporis-Christi-Bruderschaft in Luzern.
Sempach folgte
Gründungsgedanken in Sempach entstanden, als am 29. Mai 1926 eine Gruppe von zehn Mann die schweizerischen Artillerietage in Luzern besuchte und in den verschiedenen Disziplinen sehr erfolgreich arbeitete. Die Artilleristen fassten den Entschluss, bei der Fronleichnamsprozession dem Herrgott in Uniform die Ehre zu geben. So führten sie in den Jahren 1926, 1927 und 1928 diesen Ehrendienst aus. Die ersten kantonalen Artillerietage 1928 in Sempach lösten dann neue Impulse für die Gründung der lokalen CCB aus. 1929 war es dann so weit: Zwei Kanonen konnten im Zeughaus Seewen-Schwyz übernommen werden. So wurde der Herrgottstag 1929 erstmals durch Kanonenschüsse und den Auftritt von vier Grenadieren bei der Prozession durchgeführt.
90-Jahre-Jubiläum
Seit diesen ersten Kanonenschüssen sind 90 Jahre ins Land gezogen. Was geblieben ist, ist die ungebrochene Leidenschaft, der Stolz und die Freude an dieser eindrücklichen Tradition. Jahr für Jahr nimmt die Corporis-Christi-Bruderschaft die Aufgabe wahr, Fronleichnam als Festtag mitzugestalten. Mit den Kanonen machen sie auf diesen besonderen Tag aufmerksam und rufen die Bevölkerung dazu auf, ebenfalls daran teilzunehmen. «Eine sinnvolle Tradition, weil sie Teil unserer christlichen Gesellschaft ist», hält der Präsident der CCB, Joseph Bühlmann, fest. Von Zuschauern werden immer wieder die eindrücklichen beiden Sechsspänner erwähnt, welche die Kanonen ziehen. Etwas, das auch Joseph Bühlmann sehr wichtig ist. Für ihn ist der Fronleichnamstag ein ganz besonderer im Jahreskalender: «Ich freue mich immer besonders auf den Umgang mit den Pferden, das Abfeuern von Böllerschüssen und dieses Jahr speziell auf die Begegnung mit Bischof Felix Gmür.» Letzterer wurde eingeladen, die diesjährige Eucharistiefeier – aus Anlass des 90-Jahr-Jubiläums – zu leiten. Die Ehrerweisung des hohen Kirchenvertreters freut die CCB und den Präsidenten.
Um die 500 Mitglieder
Fronleichnam ist unumstritten der wichtigste Feiertag des Jahres im Aktivitätenprogramm der CCB. Mit den Kanonen wird aber auch am 1. August geschossen. Zu Ehren des Geburtstags der Schweiz gibt dann jeder Kanton eine Salve ab. Dass es sich bei der Corporis-Christi-Bruderschaft keineswegs um eine verstaubte und bald schon einmal in Vergessenheit geratene Gemeinschaft handelt, beweisen die aktuellen Mitgliederzahlen. Rund 500 sind es an der Zahl, Frau und Mann, Einzelpersonen oder Ehepaare. Die Bruderschaft ist mit diesen Mitgliedern in der Bevölkerung breit abgestützt und geniesst eine grosse Akzeptanz. Und dieser Bevölkerung stellt die Gemeinschaft am Abend vor Fronleinam vor, wie die Böllerschüsse (Pfropfen) angefertigt werden. Sempacher Kulturgut erleben? Dann unbedingt in der Zehntenscheune vorbeigehen (siehe Programm auf dieser Seite rechts).
Betrachtet man den unglaublichen technologischen Wandel, den die Menschheit in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen hat, mutet es anheimelnd an, wenn solche Traditionen, welche die Menschheit jedes Jahr an früher erinnern lassen, erhalten bleiben. In diesem Sinne: viel Glück zum Geburtstag, Corporis-Christi-Bruderschaft – macht weiter so.
Von 8 bis 8.15 Uhr gibt das Läuten mit der grossen Kirchenglocke davon Kunde, dass der Gottesdienst an der Seeallee gefeiert und anschliessend die Prozession stattfinden wird. Bei schlechter Witterung wird der Gottesdienst um 10 Uhr in der Pfarrkirche gefeiert. Über das weitere Vorgehen (Prozession, Abholen der Artillerie-Mannschaft beim Hexenturm) wird kurzfristig vor Ende des Gottesdienstes entschieden.
Programm Fronleichnam
Mittwoch, 19. Juni
15.00 Besammlung der Fahrer bei der Zehntenscheune; Schirren der Pferde
15.30 Besammlung der Kanoniere bei der Zehntenscheune; Bereitstellung der Geschütze und Verladen der Munition; Verschieben der Geschütze zum Rathaus
16.30 Anspannen der Pferde beim Rathaus > Probemarsch
18.15 Segnung der Artillerie-Mannschaft auf dem Kirchplatz; Abfahrt an den See zum Schiessen
19.00 Beginn des Schiessens beim Parkplatz Seevogtei; Interessierte sind herzlich eingeladen, dieses interessante Spektakel vor Ort mitzuerleben
Donnerstag, 20. Juni
07.00 Beginn des Schiessens
09.45 Abmarsch der Grenadiere, der Fahnendelegation und der Musikgesellschaft Harmonie vom Schulhaus zum Feldgottesdienst an die Seeallee
10.00 Festgottesdienst; anschliessend feierliche Prozession Kreuzgasse – Stadtstrasse – Kirchplatz; Segen (bitte Anordnung beachten)
Danach Abmarsch der Grenadiere und der Fahnendelegationen in Begleitung der Musikgesellschaft Harmonie zum Hexenturm. Abholen der Artillerie-Mannschaft; Rückmarsch zum Kirchplatz, Segnung der Artillerie-Mannschaft und der Pferde, Abmarsch ins Städtli mit Abspannen beim Rathaus