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Sempach

Darum ist der neue Wein nicht bio

Geri Wyss 13. Juni 2021

Der Sempacher Weinjournalist Hans Wüst bedauert, dass beim neuen Weinberg bei Kirchbühl nicht mutiger auf Bioweinbau gesetzt wird. Beat Felder, der als Berater fürs neue Weingut fungiert, erklärt warum.

Kürzlich wurden 8000 Reben am Hang unterhalb des Weilers Kirchbühl gepflanzt (Ausgabe vom 20. Mai). Die Promotoren verfolgen auf dem gut eine Hektare grossen Anbaugebiet mit ihren Weinen hehre Ziele. Beim Weisswein setzt man auf pilzwiderstandsfähige Sorten und will so dereinst mit bekannten Weinbaugebieten wie dem Waadtländer Lavaux mithalten.

 

Warum nicht Bio-Weinbau?

Mit Interesse hat der Sempacher Hans Wüst vom neuen Weinberg in seiner Heimatstadt erfahren, von dem in rund drei Jahren die ersten Weine auf den Markt kommen sollen. Der Texter und Redaktor arbeitet in einem Teilpensum für Delinat. Das Schweizer Unternehmen verkauft ausschliesslich Weine und andere Produkte aus biologischem Anbau und gibt viermal jährlich ein Magazin heraus, für das Hans Wüst redaktionell verantwortlich ist. «Ich finde es etwas schade, dass auf konventionellen Weinbau gesetzt wird», sagt der Biowein-Liebhaber. Wüst spricht von einer verpassten Chance, ein Vorzeigeprojekt für biologischen Weinbau in der Region zu etablieren. Im Kanton Luzern gebe es bisher erst ein einziges solches, das Bio-Weingut Sitenrain in Meggen. Auch hätte er sich vorstellen können, nicht nur beim Weisswein, sondern auch beim «Roten» ausschliesslich auf pilzwiderstandsfähige Sorten zu setzen. «Das wäre möglich, wie der Sitenrain beweist. Bioweine sind genauso ertragreich wie herkömmliche Weine», ist Hans Wüst überzeugt. Und die Qualität stimme sowieso.

 

Extensiver Betrieb

Beat Felder, preisgekrönter Winzer vom Surseer Weinberg Mariazell und in der Zentralschweiz hauptamtlich für den Weinbau zuständig, ist fachlicher Berater des Weinbergs Kirchbühl. Er präzisiert, dass eine integrierte Produktion nach den Vinatura-Richtlinien geplant sei. Zudem würden ökologische Aufwertungen die Biodiversität fördern. Wohl würden Pestizide auf diesem Betrieb eingesetzt, doch die Einsparung dank den pilzwiderstandsfähigen Weissweinsorten Souvignier gris, Blütenmuskateller und Donauriesling betrage 80 Prozent. «Auf jeden Fall sind die Auswirkungen auf den Sempachersee positiv zu bewerten im Vergleich zu anderen Kulturen. Rebbau ist extensiver.»

 

Pestizide für See «heikel»

Hans Wüst jedoch erachtet den Pestizideinsatz in dieser Südhanglage oberhalb des Sempachersees grundsätzlich als heikel. «Bei stärkeren Niederschlägen wird alles ausgeschwemmt und gelangt in die Bäche und den See.» Auch bezweifelt er, ob die Rotweinsorten Pinot Noir und Merlot genügend konkurrenzfähig sein werden. «Die Qualität der Spitzenweine aus Graubünden und dem Tessin ist meiner Ansicht nach nicht erreichbar.»

 

Bewährtes beim Rotwein

Beat Felder hingegen findet schon. «Unser Ziel ist es, mit diesen Topweinen mitzuhalten. Der Boden, die Exposition und das Klima in Sempach stimmen.» Dass bei den Rotweinen nicht auf pilzwiderstandsfähige Sorten gesetzt werde, habe seine guten Gründe. Es seien viele tolle neue Sorten in Testung, aber noch nicht marktreif. «Es braucht noch etwas Geduld. Wein ist ein Genussmittel. Und als neuer Mitbewerber auf dem Markt muss man besser sein als die anderen», weshalb man auf Bewährtes setze. «Wir möchten um Sempach den Lokalmarkt ausbauen und im Grossraum Zürich mit Zentralschweizer Weinen reüssieren. Nur mit Topqualität ist das möglich», unterstreicht Beat Felder.

 

Das Beste aus diversen Reben

Bei pilzwiderstandsfähigen Sorten handle es sich um Mehrfachkreuzungen, in der Regel von europäischen und amerikanischen Reben. «Die Europäer bringen Qualität, die Amerikaner die Robustheit», informiert Beat Felder. Die Sorte Blütenmuskateller stammt aus der robusten Wildrebe Vitis amurensis (Amurrebe), die in Russland gezüchtet wurde.

 

Selbstbewusste Weine als Ziel

Beat Felder stellt schon jetzt in Aussicht, dass die neuen Weine aus Sempach eigenständig und unverwechselbar sein werden, auch wenn noch nicht klar ist, wo und wie gekeltert wird. Der Terroircharakter werde erzielt, indem man im Wein den Boden abbilde und im Keller auf Anwendungen verzichte, welche zu einer Verbreiterung der Akzeptanz führten. «Wir können nicht Weine machen, die allen passen», sagt Felder, «dazu sind wir zu klein, und das wäre zu langweilig.»

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