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Sempach

«Es sind lebendige, offene Pfarreien»

Geri Wyss 29. April 2021

Bald steht Franz Zemp den Pfarreien Sempach und Eich vor. Der 56-Jährige prägte die Luzerner Pfarrei St. Josef im Quartier Maihof während 18 Jahren, sechs Jahre war er Seelsorger in der Gassenküche. Gelebte kirchliche Offenheit will er auch an den Sempachersee tragen.

Als sich Franz Zemp für das Foto auf eine Bank in der Seeallee setzt, schimmern im Hintergrund die Konturen des Städtli und der Kirchturm durch die Bäume. Anfang Mai wird er sein Amt als Leiter der beiden Pfarreien Sempach und Eich übernehmen. Die Wohnung im Pfarrhaus in Eich hat der gebürtige Escholzmatter bereits bezogen. «Es ist einfach auch landschaftlich wunderschön hier», sagt Franz Zemp, als er seinen Blick über den Sempachersee schweifen lässt. Nach 18 Jahren als Pfarreileiter im Maihof wagt er den Schritt aus der Stadt hinaus aufs Land. Knapp sechs Jahre davon hat er auch als Seelsorger in der Gassenküche die Sorgen und Nöte von Drogenabhängigen und Menschen am Rand der Gesellschaft kennengelernt. Insgesamt 28 Jahre lang war er in der Stadtluzerner Kirchgemeinde tätig.

 

Er hat den «Mai-Hof» geöffnet

Er werde oft gefragt, warum er dies tue: Raus aus der Stadt, weg vom Quartier Maihof, das den Menschen eine gewisse Anonymität bietet. Abschied von einer Pfarrei, die Franz Zemp massgeblich mitgeprägt hat, etwa 2013 mit dem Umbau des Kirchensaals, der fortan als «Der MaiHof» dank mobiler Bestuhlung und ohne kirchlichen Prunk rein äusserlich nicht mehr an einen sakralen Raum erinnerte und der sich auch für viele weltliche, gemeinschaftsbildende Anlässe öffnete. All das lässt Franz Zemp hinter sich, um nun den beiden Pfarreien Sempach und Eich vorzustehen und gleichzeitig auch die Leitung des Pastoralraums Oberer Sempachersee zu übernehmen. Beides hatte Livia Wey interimistisch inne seit dem Weggang von Gudrun Dötsch.

«Es hat mich einfach weggezogen», erklärt Franz Zemp. «Mitte Fünfzig und nach so langer Zeit in der Stadt Luzern spürte ich, dass es nochmals Zeit für etwas Neues ist.»

 

Er war auch schon hier

Nach Sempach kommt der Seelsorger zwar wieder in eine Stadt, jedoch nur in eine historische. Doch das Landstädtchen trägt auch gesellschaftlich und politisch gewisse urbane Züge. Es sei eine sympathische Mischung, erwähnt Zemp. Er durfte die Pfarrei schon etwas kennenlernen, durch gelegentliche Predigten und die Bekanntschaft zum früheren Gemeindeleiter-Ehepaar Andrea Koster und Bernhard Stadler. Er nehme Sempach und Eich als lebendige, offene Pfarreien wahr, in der sich viele Gruppierungen engagierten. «Doch wie eine Pfarrei tickt, erfährt man natürlich erst, wenn man drin ist.»

 

«Alle Menschen sind willkommen»

Bei allen Unterschieden seien die Themen aber dieselben, hält Franz Zemp fest. Der Anteil der Katholikinnen und Katholiken an der Gesamtbevölkerung nehme auch hier kontinuierlich ab, die Attraktivität der Kirche leide. Er habe auch keine klare Antwort, wie die Kirche darauf reagieren soll, für ihn sei aber klar: «Die Kirche muss den Menschen dienen.» Er wolle offenere liturgische Formen möglich machen wie beispielsweise spezielle Bestattungsfeiern. «Ich habe auch keine Berührungsängste gegenüber Menschen jeglicher Anschauung.» So finde er etwa Gespräche mit Atheisten genauso spannend wie der Austausch mit Menschen anderer Religionen. «Alle Menschen müssen in der Kirche willkommen sein.»

 

Kein geweihter Priester

Eine Kirche müsse glaubhaft sein und sich auch verändern können. Doch diesbezüglich hinke die Realität leider den Worten der Kirche hinterher. Gegen aussen predige man Grosszügigkeit, gegen innen hingegen blieben fehlende Gleichberechtigung und die ungleiche Akzeptanz verschiedener Lebensformen bestehen. Franz Zemp sagt unmissverständlich: «Die Priesterweihe soll für alle möglich sein, ob Mann, Frau, verheiratet oder nicht oder in welcher Art von Partnerschaft man auch immer lebt. Und sie soll nicht an ein Zölibat geknüpft sein.» Diese Diskrepanzen seien auch mit ein Grund, warum er sich nach dem Theologiestudium gegen eine Priesterweihe entschieden habe.

 

Politische Meinung hat Platz

Christ zu sein bedeutet für Franz Zemp, nach links und rechts zu schauen, wie es den Nächsten geht. Man müsse mit ihnen solidarisch sein und sein Sensorium fürs Menschenwohl auch weiter richten. «Es darf uns auch nicht egal sein, wie es den flüchtenden Menschen geht.» Zudem sei die Bewahrung der Schöpfung ein urchristliches Thema, weshalb der Einsatz für den Natur- und Umweltschutz auch dem Wesen der Christen entspreche. Franz Zemp erachtet es auch als angebracht, wenn sich die Kirche in sozialpolitische Debatten einbringt. 

 

Mit Schicksalen vertraut

In seinem langen Wirken auf der Gasse hat Franz Zemp viele bedrückende Schicksale erlebt und Menschen begleitet, die auf der Schattenseite des Lebens gestanden sind. Er ist Menschen begegnet, die in die Sucht abgerutscht waren, weil sie in einem lieblosen familiären Umfeld ohne Geborgenheit aufgewachsen sind. «Das hat mich ein Stück weit ohnmächtig gemacht, aber auch wütend.» Menschen hätten so die Saat für das Unglück anderer Menschen gelegt.

Es gebe aber auch jene, die in ihrem Leben immer wieder vom Pech verfolgt seien. Dafür gebe es keine Erklärung, man verstehe nicht, warum es so sei, sagt Franz Zemp. «Diese Menschen haben das Vertrauen in das Leben und in Gott verloren.» Mit ihnen könne man als Seelsorger einfach nur das Leid mitaushalten. Und man könne versuchen, darauf hinzuwirken, dass sie in kleinen Schritten wieder vertrauensvolle Momente erlangen könnten.

 

Glaube an Zusammenhänge

Er verstehe, dass jene Menschen von Gott enttäuscht seien, weil er so etwas zulasse. «Ich versuche es anders anzuschauen und auch anzuerkennen, dass es einen grösseren Zusammenhang gibt, den die Menschen mit ihrem Verstand nicht erfassen können», sagt Franz Zemp. Er zitiert den Dichter Rainer Marie Rilke, der rate, Fragen, die offen blieben, zu lieben. «Irgendwann können wir in die Antworten hineinwachsen.» Manchmal erschlössen sich schicksalshafte Begebenheiten erst in einem übergeordneten Kontext. «Vielleicht auch erst nach dem Tod.»

 

Gott ist eine spürbare Kraft

Und wie erkennt der neue Gemeindeleiter von Sempach und Eich Gott im Alltag? Franz Zemp schweigt länger und sagt dann: «Ich weiss es manchmal auch nicht.» Er versuche Gott als etwas Allumfassendes, nicht Greifbares zu sehen. «Gerade auch in ganz schweren Momenten habe ich schon plötzlich eine Kraft in mir gespürt. Dann hatte ich das Gefühl, dass Gott da ist.»

 

Der Humor muss auch Platz haben

Urbi@Orbi  Den geneigten Fasnächtlern in Sursee ist Franz Zemp ebenfalls kein Unbekannter. Zusammen mit Urban Schwegler, Leiter Kommunikation der katholischen Kirche der Stadt Luzern, und Herbert Gut, Gemeindeleiter der stadtluzerner Pfarrei St. Johanes, war er schon mehrmals am Narrenlaufen mit der Schnitzelbankgruppe «Urbi@Orbi» unterwegs. Die drei Theologen, als Päpste verkleidet, nehmen dabei, untermalt mit prächtigen Illustrationen, politische und kirchliche Themen auf die Schippe. «Urbi@Orbi» konnte man zudem schon an der Värsli-Brönzlete in Luzern oder am Spröchle in Willisau erleben. Im letzten Jahr fiel die Fasnacht und damit auch das Narrenlaufen in Sursee pandemiebedingt bekanntlich aus. «Wir hoffen, dass wir bald wieder mal in göttlicher Mission unterwegs sein dürfen», sagt Franz Zemp.

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