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Sempach

«Man bereut, was man nicht gemacht hat»

pd 31. Januar 2020

Ein Heinivater aus Sempach? Bis jetzt undenkbar. Als erster Sempacher übernimmt dieses Jahr der in Sursee geborene Alois Amrein das Amt des Fasnachtoberhaupts. Doch dieses birgt auch seine Tücken …

Wo sich die Wohnung von Heinivater Alois «Wisu» Amrein befindet, ist unschwer zu erkennen, denn die Gesellen der Zunft Heini von Uri Sursee legten sich mit ihrer prächtigen Dekoration ordentlich ins Zeug. Wilde Menschen, Tiere und Fabelwesen: Aufwendig dekorierte Fasnachtsgrende auf bunten Stangen zieren den kleinen Weg mitten im Quartier. Ein eigens errichteter Torbogen erweist dem Fasnachtsoberhaupt die Ehre vor der eigenen Schwelle. Doch nicht etwa in Sursee selbst, wie vielleicht zu erwarten wäre, sondern auf der anderen Seite des Sempachersees ist Amrein zu Hause – ein Novum in der Surseer Zunftgeschichte. Trotz seines Wohnorts Sempach ist Heinivater Amrein auch auf der unteren Seeseite kein unbekanntes Gesicht. Der gebürtige Surseer ist mit seinen sechs Geschwistern in der Nähe des Städtlis aufgewachsen und nahm zudem auch schon früh am Fasnachtsleben in Sursee teil: «Wenn irgendwo Guuggen-Klänge zu hören waren, gingen wir hin. Das war für uns wie ein Magnet.» Dieses Faible für die Fasnacht blieb der Familie über die Jahre erhalten. Auf die musikalische Guuggenmusik-Zeit in Adligenswil, die er bereits gemeinsam mit Heinimamme Barbara bestritt, folgte später die Mitgliedschaft in der Zunft Heini von Uri, in der er diese Fasnacht als Heinivater amtieren darf. Ausserdem könne das Heinipaar auch das Feiern und Festen im familiären Sempacher Städtli bestens empfehlen. «Da musst du am Schmutzigen Donnerstag wirklich nicht nach Luzern», meinen sie als Geheimtipp.

 

Fasnächtliches Geheimnis

Der Anruf mit der Anfrage sei Anfang Oktober am Abend vor ihrem Familienurlaub in Italien gekommen. «Völlig unerwartet», wie Amreins erzählen. So hatten die Eltern zweier Kinder immerhin eine Woche Zeit, sich dieses Projekt gut durch den Kopf gehen zu lassen und sich zu entscheiden. Dabei fiel der Entschluss, dass man das Vorhaben «Heinipaar» als Herausforderung annehme, denn «man bereue im Leben meist das, was man nicht gemacht habe». Die beiden Heinigoofe Linda und Levin wussten allerdings nicht sofort von ihrem Fasnachtsglück. «Erst als wir uns an diesem Abend in Sursee vermeintlich nach einem neuen Auto umschauen wollten, wurden sie misstrauisch und fingen an nachzufragen», sagt Amrein lachend. Über die grossen Neuigkeiten seien die Detailhändlerin im ersten Lehrjahr und der Primarschüler dann umso mehr erfreut gewesen: «Sie haben schon lange gemeint, dass wir unbedingt Ja sagen sollten, würden wir angefragt.»

 

Lügenkonstrukt und Fragenhagel

Um das Geheimnis mehr als zwei Monate lang zu wahren, benötigten die Amreins unglaublich viel Selbstdisziplin, Geschick und Spontanität. Der 55-jährige Malermeister meisterte dies allerdings mit Bravour und wusste sich aus allen brenzligen Situationen zu retten. «Zum Glück waren wir in Sempach etwas ausser Reichweite und mussten uns weniger Fragen stellen als wir in Sursee hätten müssen», erklärt er. Zum allgemeinen Fragenhagel tauchten für den da noch unerkannten Heinivater ferner auch einige organisatorische Hürden im Vorfeld auf. Grund dafür war sein Engagement in der Zunft. Wann soll man sich rechtzeitig umziehen? Wer übernimmt die Aufgaben, die man als Zünftler während der Inthronisation hätte? Das Ganze habe sich so verstrickt, dass man sogar ein Zunftmitglied einweihen musste, um keine Verwirrung zu stiften, so Amrein. Nun, nach der Lüftung des Geheimnisses machte sich Erleichterung in der Familie breit, und sie kann sich richtig auf die bevorstehende Fasnacht freuen.

Besonders wichtige Punkte dabei sind für Alois Amrein und seine Frau Barbara das Treffen von Leuten und das Knüpfen von neuen Kontakten. Wenn man den Leuten als Heinivater zum Beispiel an einer Altersfasnacht etwas Zeit schenken könne, dann sei das ein unglaubliches Gefühl, schwärmt Amrein aus seiner langjährigen Zunfterfahrung.Das Fasnachtsmotto der Heinifamilie, «Us aller Welt», kommt nicht von ungefähr. Schon früh kam «Wisu» Amrein auf den Geschmack des Reisens. Nach seinen ersten Reisezielen im Tessin und in Südfrankreich hatte es ihn endgültig gepackt. Gemeinsam mit Freunden, seiner Frau Barbara und später seiner Familie reiste er durch die Welt. Neuseeland, Australien, China, USA, Thailand, Ägypten, Kanada, Griechenland – von überall wissen Amreins etwas zu erzählen. Zum Leidwesen ihres Vaters hat Tochter Linda ebenso das Reisefieber geerbt. Er räumt ein: «Ich lasse sie ungern jetzt schon auf Reisen, aber ich war ja auch nicht anders …» Auch sportlich schlagen Linda und Levin ihren Eltern nach, denn alle vier sind stets in Bewegung – egal ob beim Rudern, Fitness, Schwimmen, Turnen, Tanzen oder Joggen.

 

Viel Zeit investieren

Heinivater sein ist leichter vorgestellt als gemacht, denn dahinter steckt weitaus mehr als Orangen werfen, Hausbesuche und Tanzbeinschwingen. Unerwarteterweise ist vieles davon auch mit Bürokratie verbunden. Zum Beispiel gilt es neben dem Organisieren der Einladungen zum Heiniball auch unzählige Gratulationen und Nachrichten zu beantworten sowie die sozialen Kontakte zu pflegen. So bewältigen er und Ehefrau Barbara oft bis spät in die Nacht Mails oder beantworten freundliche Grussnachrichten.

Hinzu kommen die vielen Anlässe, die das Heinipaar mit seinem Zunftgefolge besucht. Für die Besuche in der Woche vor der Fasnacht rechnen sie gar eine ganze Ferienwoche zusätzlich ein. Mühen, die Heinivater Alois Amrein und seine Familie noch so gerne für die anstrengende, aber wunderschöne fünfte Jahreszeit auf sich nehmen.

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