Zurzeit werden überall in der Schweiz von verschiedenen Mobilfunkanbietern neue 5G-Antennen gebaut. Einem Grossteil der Schweizer Bevölkerung ist 5G inzwischen ein Begriff, doch bestehen dennoch weiterhin viele Unklarheiten rund um dieses Thema. So spricht sich auch der Expertenbericht des Bundes vom 22. April 2020 nicht klar für oder gegen den Bau der neuen Antennen aus.
Die Sempacherin Katja Haab ist sich gewiss, dass es eine solche Antenne in Sempach nicht braucht. Sie gründete den Verein IG-Stop-5G-Sempach, nachdem im Dezember die Bauanzeige publiziert worden war, und lancierte eine Einsprache. Innerhalb weniger Tage hatte sie 250 Unterschriften zusammen. «Das Problem betrifft uns alle. Die Leute müssen sich informieren und handeln», erklärt Katja Haab, welche mit ihrem Verein extra zu diesem Zweck eine Webseite erstellt hat. Für sie ist erwiesen, dass die Strahlung schädlich ist für Menschen, Tiere und Pflanzen. Darüber, dass Strahlung tatsächlich Einwirkungen auf den Körper hat, sind sich Experten einig. Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) liegen zahlreiche Studien vor, welche von «begrenzter Evidenz» sprechen, was die körperliche Schädigung betrifft. Selbst vor diesem Hintergrund dürften sich jedoch schon viele wünschen, dass die Technologie nicht eingesetzt wird, bevor sie erwiesenermassen unschädlich ist.
Fehlende Messmethoden
Die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) regelt in der Schweiz, welcher Grenzwert zugelassen ist. Dieser Grenzwert ist auch in der 5G-Technologie einzuhalten und – auf der Webseite der kantonalen Dienststelle für Umwelt und Energie nachzulesen – Voraussetzung für eine Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage. Katja Haab verweist darauf, dass es zurzeit noch keine Messgeräte gibt, welche die Strahlung der sogenannten adaptiven Antennen festhalten können. Die eigentliche Neuerung der 5G-Technologie liegt darin, dass diese Antennen in der Lage sind, ihre Senderichtung anzupassen: Sie konzentrieren die Strahlung auf eine schmale Keule. Die Antenne sendet fokussiert Strahlen und adaptiert sich an den Nutzer. Bisher verfügt man nicht über die nötigen Methoden, um konkrete Messungen vorzunehmen und somit liegen noch keine genauen Daten über die tatsächliche Strahlenbelastung der Bevölkerung durch diese Antennen vor. Der Expertenbericht des Bundes greift die Problematik auf und sieht weitere Abklärungen und Messungen vor. Inzwischen jedoch werden Antennen mit eben dieser Technologie bereits gebaut und sind im Einsatz – völlig unverständlich für Katja Haab. «Eine Baubewilligung unter diesen Voraussetzungen ist ausgeschlossen!»
Stadtrat entscheidet
Im konkreten Fall der geplanten Swisscom-Antenne in Sempach ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Einsprache fordert, das Baugesuch sei bis zum Vorliegen der Vollzugshilfe des Bafu betreffend Messverfahren für adaptive Mobilfunkantennen und 5G-Basisstationen zu sistieren. Die Sache liegt nun wieder in den Händen des Stadtrats. Sollte der Stadtrat das Baugesuch trotz der Einsprachen bewilligen, dann will der Verein IG-Stop-5G-Sempach die Angelegenheit vors Verwaltungsgericht weiterziehen. Katja Haab gibt sich jedoch zuversichtlich. Dass sich in der geschäftigen Vorweihnachtszeit innert weniger Tage so viele Menschen mobilisieren liessen, verweise auf die grosse Resonanz, welche das Anliegen in der Bevölkerung erziele. Ausserdem beweist der Blick in die Umgebung, dass es durchaus möglich ist, den Bau von 5G-Antennen zu verhindern. So haben zum Beispiel Kriens und Emmen aufgrund der fehlenden Vollzugshilfen die Baugesuche sistiert. Dies sind keine Ausnahmen – schweizweit lehnen immer mehr Gemeinden die Baugesuche ab. Haab schöpft daraus Hoffnung. «Was wir brauchen, sind mutige Behörden.»
Baugesuch noch hängig
In Neuenkirch wird zurzeit in einem ähnlichen Verfahren ein Baugesuch zum Umbau einer bestehenden Antenne geprüft. Katja Haab ist jedoch unlängst aufgefallen, dass an der fraglichen Antenne (bei der Deponie Neuhüsli) bereits Änderungen vorgenommen wurden. Tatsächlich ist auf der Online-Karte des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) diese Antenne schon als 5G-Antenne markiert. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher des Bakom, solche Änderungen auf der Karte würden jeweils vorgenommen, nachdem der jeweilige Betreiber der Antenne (hier Swisscom) diese als in Betrieb genommen gemeldet habe. Die rechtliche Lage im Kanton Luzern sieht vor, dass sowohl beim Neu- wie auch beim Umbau von Antennen zu 5G-Antennen das ordentliche Baubewilligungsverfahren durchlaufen werden muss, welches hier noch nicht abgeschlossen ist. Markus Wespi, Präsident der Baukommission Neuenkirch, gibt an, dass gegenwärtig abgeklärt werde, welcher Antennentyp verbaut worden sei. Doch da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, könne er keine weiteren Angaben machen.