Im Schulalltag gibt es Kinder und Jugendliche, die zusätzlich gefördert und begleitet werden müssen – sei es, weil ihnen das Lernen in der Klasse schwerfällt, sie nach längerer Krankheit Lernstoff aufholen müssen, sie von einer Fachdispens betroffen sind oder weil sie mit sozialen oder emotionalen Herausforderungen zu kämpfen haben. Auch Kinder, die im Regelunterricht über- oder unterfordert sind, benötigen einen passenden Lern- und Rückzugsort. Schon heute wird diesen vielfältigen Bedürfnissen mit verschiedenen Massnahmen begegnet. Allem zugrunde liegt die Idee der Volksschule nach integrativer Bildung, welche auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Schulkindes zugeschnitten sein soll. Auf das neue Schuljahr hin kommt an der Schule Sempach nun ein weiterer Baustein dazu: die Schulinsel.
Vollzeitstelle geschaffen
Das Konzept sieht vor, Schülerinnen und Schüler vorübergehend aus dem Regelunterricht herauszuholen, damit sie einen Raum finden, wo sie sich zurückziehen und einer Tätigkeit nachgehen können, die sie zur Ruhe kommen lässt und ihnen guttut. Die Schulinsel richtet sich dabei nicht nur an Kinder mit auffälligem Verhalten, sondern steht allen Lernenden offen – vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe. Dafür hat die Schule Sempach eine Vollzeitstelle geschaffen, aufgeteilt zu 60 und 40 Prozent auf zwei Lehrpersonen – Irina Ledermann und Andrea Stadelmann. Sie sind bereits an der Schule angestellt und verfügen über Zusatzausbildungen, damit sie den besonderen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler begegnen und sie gezielt unterstützen können. Das Ziel ist es immer, dass sie wieder in den regulären Unterricht zurückkehren können. Im Schulhaus Stadt werden Räumlichkeiten für die Schulinsel eingerichtet.
Andrea Stadelmann sieht den künftigen Inselbesuchenden mit Vorfreude entgegen. «Wir bieten ihnen die Möglichkeit, dass sie ihre persönlichen Ressourcen entdecken und stärken können.» Als Klassenlehrerin begleitet Irina Ledermann seit acht Jahren Kinder in Sempach. «Ich freue mich, dass wir ein neues Angebot schaffen können, das allen offensteht. Die Schulinsel soll ein Wohlfühlort sein und Kinder in ihren Stärken fördern.»
Tage bis Wochen
Möglich sind sowohl kurzfristige Inselbesuche von bis zu einem Tag als auch langfristige Aufenthalte bis maximal drei Wochen. Die Planung und Begleitung dieser Aufenthalte erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen der Klassenlehrperson, den Erziehungsberechtigten und weiteren Fachpersonen wie der Leitung der Schulinsel, der Schulsozialarbeit, dem schulpsychologischen Dienst sowie der Schulleitung. Gemeinsam wird geklärt, was die Schülerin oder der Schüler in der aktuellen Situation benötigt, welche Ziele verfolgt werden sollen und welche Unterstützung sinnvoll ist. Eine eigentliche Inselauszeit, ein sogenanntes Time-in, ist die intensivste Form einer Intervention. Sie dauert mehr als drei Wochen und wird ebenfalls im interdisziplinären Team sorgfältig geplant und begleitet.
Nichts gänzlich Neues
Das Konzept der Schulinsel ist aber keine neue Erfindung. Die Schule in Sarnen hat das Angebot bereits im Jahr 2008 installiert. Und: Der Umgang mit herausfordernden Schülerinnen und Schülern, die eine andere Lernumgebung brauchen, beschäftigt die Schule Sempach schon seit Jahren. Rektorin Birgit Höntzsch sagt dazu: «Wir müssen wiederholt kreative und individuelle Lösungen für Lernende finden, um sie gezielt zu fördern und zu begleiten.» Das hat bisher auch immer mal wieder bedeutet, dass ein Kind oder ein Teenager im Büro des Rektorats oder der Schulleitung gesessen hat, um Lerninhalte zu bearbeiten. Mit der Schulinsel stehen nun zwei geschulte Lehrpersonen dafür zur Verfügung.
Kernkompetenzen gefragt
Im Kanton Luzern gilt der Grundsatz «Integration vor Separation» – jeder Schüler, jede Schülerin soll bestmöglich im schulischen Alltag begleitet und einbezogen werden. «Das Gesetz über die Volksschulbildung gibt hier klare Regeln vor», führt die Schulleiterin Kindergarten und Primarschule, Petra Degen, aus. Dass sich eine Schule so engagiert für Kinder und Jugendliche mit besonderen Herausforderungen einsetze, zeige ihr Commitment zum Bildungs- und Erziehungsauftrag. Die Zeiten, als eine Lehrperson in einem Klassenzimmer einfach Wissen vermittelt habe, seien schon längst Vergangenheit. Heute stünden die Kompetenzen im Vordergrund, für welche die Lernenden für das 21. Jahrhundert fit gemacht werden müssten: Kommunikation, Kollaboration, kritisches und konstruktives Denken, Kreativität, ergänzt Petra Degen.
Dschungelartige Umgebung
Schulhaus Felsenegg Der Pausenplatz beim Schulhaus Felsenegg mit seinen terrassierten Ebenen ist heute ein eher trostloser, betonlastiger Aufenthaltsraum. Das soll sich markant ändern, wie aus einer Baueingabe der Stadt Sempach hervorgeht, die bis am Montag, 23. Juni, öffentlich aufgelegen ist. Die Schulhausumgebung soll ein naturnahes, dschungelartiges Ambiente erhalten, welches einerseits die Aufenthaltsqualität erhöht und Orte für Unterrichtssequenzen bietet, andererseits aber auch ein deutlich verbessertes Mikroklima mit weniger Hitzeentwicklung schafft und die Biodiversität fördert. Eine Massnahme dabei ist die grossflächige Entsiegelung des Bodens. Die Flächen werden chaussiert, was gemäss Website der Umweltberatung Luzern eine althergebrachte Bauweise ist, bei der auf eine grobe, hohlraumreiche Schotterschicht feine, gekörnte Schotterschichten aufgebracht werden. Die Flächen weisen eine hohe Tragfähigkeit auf und sind wasserdurchlässig. Wie aus den Unterlagen der Baueingabe hervorgeht, sind die Baukosten für den umgestalteten Aussenraum mit 400’000 Franken veranschlagt. Läuft alles nach Plan, ist die Umsetzung im ersten Halbjahr 2026 geplant. WY