Letzte Woche hat der Stadtrat eine Petition zum geplanten Neubau des Alters- und Pflegeheims Meierhöfli in Empfang genommen (Ausgabe vom 3. April). Die pensionierte Sozialarbeiterin Beatrice Frey-Hässig fordert mithilfe der SP Sempach eine spezialisierte Demenzabteilung, welche im bisherigen Projekt fehlt. Der Verwaltungsrat der gemeinnützigen Meierhöfli AG möchte das integrierte Pflegemodell weiterführen, bei dem von Demenz betroffene Menschen mit allen anderen Bewohnenden des Heims zusammenleben.
Immer aktiv bleiben
Die Mitarbeitende der Aktivierung, Daniela Joss, hat eine kleine Gruppe im Kreis um sich versammelt. Mit verschiedenen Übungen, welche körperliche Betätigung garantieren, aber auch Geschicklichkeit und Koordination verbessern, fordert sie die älteren Bewohnenden heraus. So müssen sie etwa einander ein weiches Frisbee zuwerfen, was beeindruckend gut gelingt. Mit dabei sind auch zwei Menschen, die an Demenz leiden. Es ist auf den ersten Blick kein Unterschied zu den anderen erkennbar. Dennoch brauchen sie eine verstärkte Begleitung und Führung.
Das Gemeinsame zählt
Zwei Bewohnerinnen kehren von einem Spaziergang zurück. Die eine ist dement und hat sich bei der anderen am Arm eingehakt. Das ist ein rührendes und häufiges Bild im Meierhöfli, welches belegt, dass jene älteren Menschen, die nicht an Demenz leiden, in einer natürlichen Selbstverständlichkeit mit Demenzkranken interagieren. Für ein integratives Pflegemodell zu arbeiten, sei erfüllend und befriedigend, sagt Elena Neagoe, Gruppenleiterin des Pflegeteams vom 1. Stock im Meierhöfli. «Das ist spannender und vielfältiger, als wenn man in einer spezialisierten Demenzabteilung tätig wäre», ist sie der Meinung. «Diese Durchmischung ist schön», findet auch Sandra Odermatt, Gruppenleiterin Nachtdienst. Und sie gebe auch denjenigen Bewohnenden etwas zurück, die von Demenz Betroffene unterstützen können.
Krankheit mit Schattenseiten
Diese zwei Beispiele zeigen, wie der Alltag des integrierten Pflegemodells im Meierhöfli aussehen kann. Doch es gibt freilich auch die herausfordernden Momente. «Manchmal bringt eine Demenzerkrankung Aggression mit sich», sagt Sandra Odermatt. Oder die Menschen liefen plötzlich weg. «Hier», ergänzt Elena Neagoe, «haben wir Hilfsmittel, um den Demenzerkrankten Sicherheit zu geben und sofort reagieren zu können.» Ein Medaillon, welches sie auf sich tragen, zeigt sofort an, wenn sie das Haus verlassen.
Freiheit und Autonomie
«Es braucht sehr gute Gründe, um die Freiheit eines Menschen einzuschränken», betont Hubert Lieb, der selbst ein starker Verfechter des integrativen Pflegemodells ist. Der Verlauf einer Demenzerkrankung zeigt oft grosse Unterschiede. Der Entscheid, welche Person zu welchem Zeitpunkt in einer Demenzabteilung betreut werden könnte, ist für alle Beteiligten enorm schwierig und für die Betroffenen mit dem Verlassen des gewohnten Umfeldes und des vertrauten Personals verbunden.
«Bei uns geniessen Autonomie, Freiheit und Würde einen hohen Stellenwert. Doch ich will unsere Philosophie keineswegs gegen spezialisierte Demenzabteilungen ausspielen», beteuert er. Dort könnten beispielsweise Gärten, die man nicht verlassen könne, einen Mehrwert bieten. Bezüglich des Neubaus hofft Sandra Odermatt denn auch, dass «die Bewohnerinnen und Bewohner in gesichertem Rahmen noch etwas mehr an die frische Luft gehen können als heute».
Demenz fordert heraus
Aber in geschlossenen Abteilungen, wo eine viel intensivere Pflege und Betreuung notwendig sei, habe das Personal dieselben Herausforderungen wie im Meierhöfli, sind sich die Befragten einig. «Hier wie dort ist man täglich mit neuen Situationen rund um Demenzerkrankte konfrontiert», ist Hubert Lieb überzeugt, «für die man viel Fantasie und die Bereitschaft für schnelle Lösungsansätze mitbringen muss.»
Und wenn im Meierhöfli eine demente Person kaum mehr zu Pflegen und Betreuen ist, wenn sie sich etwa plötzlich auszieht, Blumenvasen austrinkt oder andere Menschen schlägt? «Phasenweise können sich Demenzerkrankte so herausfordernd verhalten, dass sie medikamentös anders eingestellt werden müssen. In Demenzabteilungen ist das aber genau gleich», erläutert Hubert Lieb.
Ruhiges Umfeld wichtig
Gerade in der Aktivierung sind Menschen mit Demenz im Meierhöfli bestens aufgehoben, sind beschäftigt und gefordert zugleich, sei es durch kreative oder sportliche Aufgaben. «Oft benötigen diese Bewohner und Bewohnerinnen aber schon mehr Aufmerksamkeit», erzählt Monika Bachmann, Mitarbeiterin Aktivierung. Und man ist bemüht, eine besonders ruhige und angenehme Atmosphäre zu schaffen. Hubert Lieb fügt an: «Die Interaktion mit anderen Personen baut Spannungen und die innere Unruhe ab und mildert nach unseren Beobachtungen den Demenzverlauf.»
Flexibilität im Neubau
Neubauprojekt Das Projekt eines Neubaus des Alters- und Pflegeheims Meierhöfli wird gegenwärtig einer Überprüfung unterzogen, nachdem im letzten Sommer bekannt geworden war, dass Kosten von 40 statt der ursprünglich kommunizierten 30 Millionen Franken zu erwarten sind. Mit Resultaten ist in etwa einem Monat zu rechnen. Im Neubau des Meierhöfli sei eine grosse Flexibilität angedacht, die bei Bedarf die Einrichtung einer geschlossenen Unterabteilung ermögliche, hält der Betriebsleiter des Meierhöflis, Hubert Lieb, fest. Ebenfalls sind demenzgerechte Installationen vorgesehen, wie etwa eine tagesgang-abhängige Beleuchtung, gute Orientierungsmöglichkeiten und die Öffnung der Zimmer nur mit einem Badge. «Solche Massnahmen sind heute Standard in Pflegeheimen und kommen auch den übrigen Bewohnenden entgegen.» wy