Wenige Programme sind global so etabliert wie «WordPress». Bei dem sogenannten Content Management System (CMS) handelt es sich um ein Computerprogramm, welches einem ermöglicht, selbstständig Websites aufzubauen. «Rund 43,5 Prozent aller Websites weltweit sind mit «WordPress» kreiert worden», weiss Michelle Bulloch. Darunter auch die Websites namhafter Institutionen wie der Nasa oder der Harvard University. Entstanden ist das Programm 2003, seither hat es sich kontinuierlich weiterentwickelt. «’WordPress’ ist ‘open source’, das heisst, der Code ist öffentlich und es gibt eine ganze Community weltweit, die daran auch im privaten Rahmen weiterentwickelt. Inzwischen sind wir bei Version 6.8.1 und mit jeder Version und Unterversion kommt etwas Neues dazu. Dadurch wird es immer vollständiger und man kann mehr damit machen», so Michelle Bulloch.
Die Entwicklungsarbeiten der Community-Mitglieder beschränken sich dabei nicht nur aufs Programmieren, betont Bulloch: «Manche arbeiten am Design, andere sind auf die Handynutzbarkeit fokussiert, es wird an der Zugänglichkeit gearbeitet, an Sprachübersetzung, Support, Dokumentation, etc. Daneben steht die Community-Arbeit selbst an. Dort bin ich dabei. Wir versuchen den Austausch unter den Leuten zu fördern, um einander weiterzubringen und voneinander zu lernen.»
Globale Teilnahme
Dieser Gedanke steht auch nächste Woche, vom 5. bis 7. Juni, in Basel im Vordergrund. Im Basler Congress Center findet das jährliche «WordCamp Europe» statt. Während der drei Tage wird es einerseits zahlreiche Referate und Workshops geben, andererseits werden sich am 5. Juni, dem «Contributor day», 750 Personen austauschen und konkret an der Weiterentwicklung von «WordPress» arbeiten. «Obwohl es ‘WordCamp Europe’ heisst, werden Leute weit über die Grenzen Europas hinaus daran teilnehmen. Gerade Indien und Bangladesch zum Beispiel haben grosse ‘WordPress’-Communitys, aus welchen viele Personen in Basel dabei sein werden», so Michelle Bulloch.
Eigeninteresse als Basis
Obwohl es sich somit um eine grosse, globalagierende Community handelt, stellt sich die Frage: Wie kommt man eigentlich dazu? «Ich habe mich schon seit Längerem für Webdesign interessiert», erklärt Michelle Bulloch. «Nachdem ich meine Lehrtätigkeit an der Schule Sempach beendete, wusste ich, dass ich etwas Neues machen wollte.» Aus diesem Wunsch heraus habe sie sich für einen Basiskurs von «WordPress» angemeldet. Anschliessend habe sie einen grösseren Lehrgang von rund 100 Stunden in Zürich besucht, wo es um Webdesign und Webmarketing ging. «Ich sehe darin eine Erweiterung meiner ehemaligen Tätigkeit als Journalistin», so Bulloch. «Websites bieten schliesslich in erster Linie die Möglichkeit, etwas zu veröffentlichen und zu vermitteln. Ausserdem werden Online-Medien immer wichtiger. Da wollte ich à jour bleiben.» Durch die Weiterbildung sei sie 2014 auf das «WordCamp» Schweiz in Zürich aufmerksam geworden und habe daran teilgenommen. In den kommenden Jahren sei sie wieder und wieder bei ähnlichen Anlässen dabei gewesen. «Ich treffe gerne Leute mit möglichst breitem Horizont. In der ‘WordPress’-Szene habe ich eine zweite Familie gefunden. 2018 habe ich mich beim ‘WordCamp’ in Lausanne als Volontärin engagiert. 2022 in Genf war ich bereits Mitorganisatorin.» 2024 dann habe sie in Luzern eine «WordPress»-Meet-up-Gruppe ins Leben gerufen, welche in regelmässigen Abständen den Austausch auf regionaler Ebene ermöglicht.
Die Idee, «WordCamp Europe» in die Schweiz zu bringen, sei Michelle Bulloch und einer Freundin 2019 während dem «WordCamp Europe» in Berlin gekommen. Aufgrund von Corona fielen die theoretisch jährlich stattfindenden «WordCamps Europe» 2020 und 2021 aus, weshalb sich diese Pläne etwas verzögerten. «2022 haben wir uns dann intensiv mit der Idee auseinandergesetzt, wir begannen die nationale ‘WordPress’-Gemeinschaft zu überzeugen und reichten schliesslich eine offizielle Bewerbung ein. Im März 2024 haben wir erfahren, dass Basel tatsächlich ausgewählt wurde», erzählt Bulloch.
Fachwissen ist sekundär
Für einen breiten Teil der Bevölkerung dürften Themenbereiche wie Webdesign und Computerprogrammieren recht enigmatisch erscheinen. Handelt es sich bei den «WordPress»-Mitgliedern also nur um Tech-Spezialistinnen und -Spezialisten? «Überhaupt nicht. Ich selbst beispielsweise bin ja auch nicht Technikerin und beschäftige mich nicht mit Codieren», hält Michelle Bulloch fest. «Es gibt etliche Möglichkeiten, sich in der Community einzubringen. Am 25. August zum Beispiel wird das nächste Treffen der Luzerner Meet-up-Gruppe stattfinden. Das ist öffentlich und wir werden eine Fragerunde abhalten, wo ganz praktisch alle Anliegen eingebracht werden können.»
Hinsichtlich der Kongresstage in Basel betont Michelle Bulloch ihre Vorfreude auf die Begegnungen. «Das Zusammensein finde ich den schönsten Aspekt solcher Veranstaltungen. Alte Gesichter wieder zu treffen und viele neue kennenzulernen, darauf freue ich mich am meisten.» Natürlich seien auch die Referate sehr interessant, als OK-Mitglied sei es aber recht wahrscheinlich, dass sie zu ausgelastet sein werde, um diesen beizuwohnen. «Das ist aber nicht so schlimm, die Beiträge werden alle gefilmt und anschliessend auf wordpress.tv veröffentlicht.» Zu guter Letzt räumt Michelle Bulloch ein, dass bei ihr schon auch ein gewisser Stolz mitschwinge: «Es ist bereits jetzt im Vorfeld enorm viel Arbeit in das Projekt eingeflossen. Ich selbst habe viel für die Website des Anlasses geschrieben sowie den Basel-Guide für die Gäste von A bis Z selbst verfasst.»