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Wie die Uhren in Kamerun ticken

Franziska Kaufmann 21. März 2025

Im Busch ticken die Uhren anders. Das erlebten Angelina Schaffner und Balz Koller seit 2022 tagtäglich. Bis Ende Februar engagierte sich das Paar im Rahmen des Projekts «Wasser ist Leben» in Kamerun. Letzten Freitag berichteten sie an einem Vortrag, organisiert durch die Kleinbühne Neuenkirch, von ihren Erfahrungen. 

Im Busch ticken die Uhren anders. Das erlebten Angelina Schaffner und Balz Koller seit 2022 tagtäglich. Bis Ende Februar engagierte sich das Paar im Rahmen des Projekts «Wasser ist Leben» in Kamerun. Letzten Freitag berichteten sie an einem Vortrag, organisiert durch die Kleinbühne Neuenkirch, von ihren Erfahrungen. 

«Wir sind überwältigt vom grossen Aufmarsch», begrüssten Balz Koller und Angelina Schaffner die 160 Interessierten von nah und fern, die sich vergangenen Freitag in der Mehrzweckhalle Sempach Station einfanden. Seit Anfang 2022 lebte das Paar in Kamerun und leitete in der Gegend Otélé für drei Jahre den technischen Bereich des Trinkwasserprojekts «Wasser ist Leben» der Stiftung St. Martin. Der kulturelle Unterschied könnte nicht grösser sein – mitten im Busch ticken die Uhren eben ziemlich anders, als in der Schweiz. Im Rahmen eines Erlebnisberichts, organisiert durch die Kleinbühne Neuenkirch, gaben Angelina Schaffner und Balz Koller einen Einblick in das Leben im Herzen Afrikas. Dabei nahmen die beiden eines vorweg: «Kamerun kann man erleben, nicht erklären.»

Schlammbad auf der Hauptstrasse

In einem umfangreichen Vortrag liessen Balz Koller und Angelina Schaffner ihren bunten Alltag auf dem Stiftungsgelände Revue passieren. Mit rund 80 einheimischen Mitarbeitenden gilt die Stiftung St. Martin als eine der grössten Arbeitgeberin der Region. Die Siedlung umfasst nicht nur Büro-, Werkstatt- und Lagerräumlichkeiten, sondern verfügt auch über mehrere Unterkünfte, einen Hangar und ein eigenes Buschspital. Das sei unabdingbar, denn der Weg ins nächste Dorf ist inmitten des zentralafrikanischen Buschs lang und beschwerlich. Insbesondere dann, wenn die Regenzeit ansteht, verwandeln sich die Strassen in regelrechte Schlammbäder. Für die Einheimischen ist das gang und gäbe, die Anwesenden in der Mehrzweckhalle Sempach Station zeigten sich ob der eindrücklichen Bilder entsetzt und belustigt zugleich. 

«Ich finde jede Wasserader»

Seit der Stiftungsgründung im Jahr 1982 konnten im Rahmen des Trinkwasserprojekts «Wasser ist Leben» fast 2000 Brunnen errrichtet werden. «Es sind genau 1932 Brunnen», präzisierte Angelina Schaffner. 500’000 Menschen würde dadurch der Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht. Eine interaktive Karte unter www.martinstiftung.ch/brunnenverzeichnis zeigt eindrücklich, in welchem Ausmass die Brunnen in ganz Kamerun verteilt liegen. Im Rahmen des Erlebnisberichts von letztem Freitag klärten Balz Koller und Angelina Schaffner die Anwesenden über den jeweiligen Entstehungsprozess auf. Interessiert sich eine Dorfgemeinschaft für den Bau eines Brunnens, wird diese durch das Projekt «Wasser ist Leben» beraten. Die Dörfer beteiligen sich mit einem kleinen Teil an den Brunnenkosten und verpflichten sich zu Hilfsdiensten bei den Grabungen sowie zur Verpflegung und Unterkunft der Arbeitsequipen. 

An Wasser mangelt es inmitten des zentralafrikanischen Buschs nicht, wie Balz Koller anhand Darstellungen aufzeigte. Die beste Stelle für die Grabung werde mittels Wünschelrute oder Pendel ausfindig gemacht. Darin habe auch Angelina Schaffner ein Talent entdeckt: «Das mache ich dann nach der Pensionierung», meint sie lachend und ergänzt: «Man kann mich engagieren, ich finde jede Wasserader.»

Während der Brunnengrabungen wird Sicherheit grossgeschrieben. Jedoch nur dann, wenn sie im Namen der Stiftung St. Martin stattfinden – eine Herausforderung, der Balz Koller und Angelina Schaffner oftmals gegenüberstanden. 

Immer ein Grund zum Feiern

Die Wände des rund 21 Meter tiefen Brunnenschachts werden durch eigens gegossene Betonrohre ausgekleidet. Nachdem auch die Bodenplatte, diverse Rohrelemente sowie die Handpumpe erfolgreich installiert sind, wird der Brunnen feierlich an die Dorfbewohnenden übergeben. Ein internes Brunnenkomitees soll dann dafür sorgen, dass zur Infrastruktur Sorge getragen wird. Das Projekt «Wasser ist Leben» steht für Wartungs- und Unterhaltsarbeiten zur Verfügung. Sowohl die Brunnenbauer als auch die Unterhaltsarbeiter werden intern ausgebildet, wie Koller und Schaffner stolz erzählten. Dabei durften auch junge Frauen eine solche Ausbildung in Angriff nehmen und äusserst erfolgreich abschliessen. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land, das von patriarchalen Strukturen und Korruption geprägt ist.

Kamerun für zu Hause

Die rund 80 einheimischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung St. Martin in Otélé sind stolz auf ihren Arbeitgeber, an Paraden – den beliebten «Defilees» – und Feierlichkeiten wird dies zelebriert. Auch Balz Koller und Angelina Schaffner wurden durch ihre Funktion oftmals als Ehrengäste eingeladen. Und auch die Eröffnung neu installierter Brunnen wird von Dorfgemeinschaften natürlich gross zelebriert. Videoaufnahmen einer solchen Feier teilten Balz Koller und Angelina Schaffner zum Abschluss des Vortrags mit den Anwesenden. Mit etwas Glück durften ein paar Anwesende, unter deren Stuhl eine Nummer klebte, anschliessend ein Stück Kamerun mit nach Hause nehmen: Angelina Schaffner beschenkte die Gewinnerinnen und Gewinner mit einer Einkaufstasche aus afrikanischen Stoffen, die von den stiftungseigenen Näherinnen angefertigt wurde. 

Über das Projekt

Stiftung St. Martin   Das Projekt «Wasser ist Leben» der Stiftung St. Martin geht auf die Initiative des 2015 verstorbenen Engelberger Benediktinerpaters Urs Egli mit Buttisholzer Wurzeln zurück. Während seiner langjährigen Missionstätigkeit von 1955 bis 2012 in Otélé sah er sich mit einer hohen Kindersterblichkeit und einem schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung konfrontiert. Eine der Hauptursachen war das verschmutzte Wasser, das die Menschen aus offenen Gewässern und Pfützen schöpften. Eglis Idee war es, durch den Bau von einfachen, soliden Brunnen sauberes Wasser aus der Tiefe zu fördern. Mittlerweile sind es 1932 Brunnen, die rund 500’000 Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgen.  /RED

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