Die Schweizerische Vogelwarte feiert das zehnjährige Bestehen ihres Besuchszentrums mit einer Reihe an Veranstaltungen dieses Jahr. Diese Zeitung beleuchtet dieses Jubiläum mit Christine Jutz, Leiterin des Besuchszentrums der Vogelwarte. Als Erstes präsentiert die Institution Werke von Harald Naegeli, welche online ersteigert werden können. Besonders ist auch der Lehmbau, welcher der Witterung ausgesetzt ist.

In der interaktiven Ausstellung nehmen die Besucherinnen und Besucher die Vogelperspektive ein.
Foto zVg/Marcel Burkhardt
Wie eng ist die Bande der Vogelwarte zum als «Sprayer von Zürich» bekannten Harald Naegeli, von dem Unikate versteigert werden?
Die Harald-Naegeli-Stiftung ist im Jubiläumsjahr 2024, als die Vogelwarte das 100-jährige Bestehen feierte, an die Vogelwarte herangetreten. Die Stiftung setzt sich für die Sichtbarkeit des künstlerischen Werks von Harald Naegeli, die Förderung des Natur-, Tier- und Klimaschutzes sowie die Erhaltung der Biodiversität ein. Als grosser Natur- und Vogelschützer ist es der persönliche Wunsch von Harald Naegeli, dass seine Werke Aufmerksamkeit für den Schutz der Vogelwelt wecken. Für die Organisation der Benefizauktion und der begleitenden Ausstellung im Besuchszentrum ist der Kontakt zur Stiftung derzeit sehr intensiv.
Hat der Besucheraufmarsch der letzten zehn Jahre die Erwartungen der Vogelwarte erfüllt?
Wir sind sehr zufrieden mit den Besucherzahlen, aber vor allem natürlich mit den vielen aussergewöhnlichen Begegnungen und den fast ausschliesslich positiven Rückmeldungen, die wir erhalten. Natürlich gab es mit Corona – wie bei allen Ausstellungshäusern – einen Einbruch bei den Besucherzahlen, aber inzwischen haben sich die Zahlen wieder erholt.
Wie haben sich die Besucherzahlen entwickelt?
Das Interesse an der Ausstellung hängt von vielen Faktoren ab. Das Besuchszentrum wurde 2017 mit dem Europäischen Museumspreis EMYA für Nachhaltigkeit – dem Oscar der Museumsszene – ausgezeichnet. So war 2017 auch das Jahr mit den höchsten Besucherzahlen. Mit dem Ausbruch der Pandemie und der Schliessung von Ausstellungshäusern brachen die Zahlen stark ein. Seit 2023 liegen die Besucherzahlen wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. Und im vergangenen Jahr lagen sie nur knapp unter dem Rekordwert von 2017.
Wie werden die Einnahmen aus dem Besuchszentrum verwendet?
Die Erträge kommen vollumfänglich der Stiftung Schweizerische Vogelwarte zugute. Die Schweizerische Vogelwarte Sempach setzt sich als gemeinnützige Stiftung für die Erforschung und den Schutz der einheimischen Vogelwelt und ihrer Lebensräume ein.
Wie sind die Erfahrungen, die man mit dem Lehmbau gemacht hat?
Die Erfahrungen mit dem Lehmbau sind sehr gut. Das erste dreigeschossige Lehmhaus der Schweiz ist auch heute noch Ziel vieler Besuche und Studien von Architekten und ihren Studenten. Das Raumklima ist angenehm und sehr behaglich. Auch die Akustik im Foyer ist phänomenal, wie wir an unseren Konzertabenden immer wieder erleben dürfen.
Verwitterte die Fassade stärker, als man gedacht hat?
Die Fassaden sind stabil. Lediglich die dem See und der Witterung zugewandte Seite weist stärkere Verwitterungsspuren auf. Insbesondere das aussergewöhnliche Hagelereignis vom Juni 2021 hat hier Schäden verursacht. Hagelkörner mit einem Durchmesser von fünf bis sieben Zentimetern haben deutliche Spuren hinterlassen.
Musste man intervenieren?
Im Herbst 2021 wurden die seeseitigen Fassaden saniert und anschliessend mit Wasserglas (Anm. d. Red: Als Wasserglas werden farblose, wässrige Lösungen von Natrium-, Kalium- und Lithiumsilikat bezeichnet. Damit werden Oberflächen geschützt und versiegelt) imprägniert, um die Erosion zu verlangsamen. Seitdem werden die Fassaden regelmässig kontrolliert. Optisch sind allenfalls einige Ausbesserungen nötig, mit 40 Zentimetern dicken Lehmwänden ist das Gebäude aber natürlich nach wie vor stabil. Lehm ist ein Naturprodukt und wird als Baustoff neu entdeckt. Langzeiterfahrungen fehlen noch. Ein Eingriff ist aber nicht absehbar.