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Sempach

Sie holte ihr Rüstzeug in Sempach

Geri Wyss 05. Mai 2021

Die 31-jährige Aline Mumbacher leitet seit September 2020 die katholische Kirchgemeinde Konolfingen. Dass es überhaupt dazu kommen konnte, hat viel mit dem Geist zu tun, der in der Pfarrei Sempach herrscht. Sie habe den schönsten Beruf, sagt sie überzeugt.

Als Aline Mumbacher das Sempacher Pfarrhaus betritt, kommen ihr Gemeindeleiterin Livia Wey, Yolanda Bernet vom Sekretariat und Katechetin  Beatrice Grüter freudig entgegen. Rasch will man wissen, wie es geht und lacht gemeinsam. Nach dem kurzen, aber intensiven Smalltalk sagt Aline Mumbacher: «Das ist der Ort, der für mich nur mit guten Gefühlen und Erinnerungen verbunden ist. Hier hatte ich mich immer aufgehoben und willkommen gefühlt.»

 

In kirchlichem Umfeld gross geworden

Das Pfarrhaus und die Kirche St. Stephan waren jahrelang Wirkungskreis der 31-Jährigen, die in Sempach mit drei Geschwistern aufgewachsen ist. Gott habe in der Familie immer eine Rolle gespielt und so sei sie auch schon früh mit der Pfarrei in Berührung gekommen. Aline Mumbacher, die vor ihrer Heirat im letzten Dezember noch Bachmann hiess, machte bei den Ministranten mit, war Blauring-Leiterin und auch sonst zur Stelle, wenn sie für ein kirchliches Engagement durch das damalige Gemeindeleiter-Ehepaar Andrea Koster Stadler und Bernhard Stadler gefragt worden war. «Sie waren wichtige Bezugspersonen für mich», sagt sie rückblickend. 

 

Theologie war «ihr Ding»

So auch nach der Matura, als ein Todesfall bei Aline Mumbacher eine Glaubens- und Sinnkrise auslöste. «Stadlers fragten mich, ob ich nicht ein Praktikum auf dem Pfarramt machen wolle.» Während dieser Zeit sei sie auch darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein Theologiestudium für sie doch etwas wäre. Sie habe zuerst gezögert. Doch an einem Informationsabend habe sie schnell gewusst: «Das will ich machen.» Nach dem Theologie-Master hatte sie erst einmal in einem IT-Unternehmen gearbeitet, doch glücklich wurde sie dabei nicht. 2016 wandte sie sich ans Bistum, das sie nach Ostermundigen schickte. Vier Jahre arbeitete sie in dieser Agglomerationsgemeinde als Seelsorgerin.

 

Gemeindeleitung fiel ihr zu

Dann war die Zeit gekommen, etwas Neues zu wagen. Aline Mumbacher meldete sich auf eine Stelle in Konolfingen im unteren Emmental. Sie wollte in der Region Bern bleiben, weil ihr Mann auch dort arbeitete. Die katholische Kirchgemeinde zählt zwar nur gerade rund 2000 Gläubige. Doch von der Fläche her ist sie eine der grössten im Kanton Bern. 20 politische Gemeinden zählen dazu. Die Schwierigkeiten, gutes Personal zu finden, sind genau so gross wie anderswo in katholischen Pfarreien.

Aline Mumbacher bekam die Stelle und wurde mit offenen Armen empfangen. Und da der bisherige Gemeindeleiter gegangen war, rutschte sie gewissermassen in diesen Posten nach. «Ich hatte nicht gesucht, dass ich schon die Leitung einer Kirchgemeinde übernehmen kann.» Doch diese Chance packte sie. 

 

Sprung ins kalte Wasser

Die Einarbeitungszeit sei gleich mehrfach anspruchsvoll gewesen. Sie betrieb learning by doing in Reinform, fragte die Personen, die um sie herum arbeiteten, wenn sie irgendetwas wissen musste. «Ich wurde schon ziemlich ins kalte Wasser geworfen.» Erschwerend kam noch die Coronapandemie hinzu, die die Kontakte beschränkte. Unter den wenigen waren auch jene, die besonders zu Herzen gingen, etwa bei den acht Familien, die wegen der Pandemie jemanden verloren hatten. 

 

Gläubige sind weit verstreut

Wenn Aline Mumbacher Hausbesuche macht oder sich sonst in den weit verstreuten Orten einfinden muss, gehts nicht ohne Auto. Fahrten von bis zu einer halben Stunde sind nicht selten, und gerade auch im Winter können schneebedeckte und rutschige Strassen über die Hügel warten. Dies benötigt Zeit, und auch sonst ist Aline Mumbacher gefordert mit all dem Administrativen, der Koordination und Organisation des Pfarreilebens, mit den Gottesdiensten und sonstigen kirchlichen Anlässen, Krankenbesuchen und dem anstehenden Pfarrhaus-Umbau. «Das Privatleben ist in dieser ersten Zeit als Gemeindeleiterin schon zu kurz gekommen», erzählt sie und wenn sie spricht, wird schnell klar, dass die sozial denkende und handelnde Sempacherin eine gewissenhafte und wertvolle Arbeit leisten will.

 

Gut zu sich selber schauen

Als sie ihre Institutio – die Aufnahme in den ständigen Dienst des Bistums – im September gefeiert hatte, habe sie das Wort für diesen Dienst an der Gemeinschaft gegeben. «Das beinhaltet auch, dass ich gut zu mir selber schaue, damit ich mich nicht zu sehr verausgabe», ist sich Aline Mumbauer bewusst. Es gelte, dies immer wieder neu auszutarieren, doch für sie sei klar: «Ich habe den schönsten und erfüllendsten Beruf, den man sich vorstellen kann.»

 

Die komischen Sternsinger

Angesprochen auf die Unterschiede zwischen der Pfarrei Sempach und Konoflingen, schält sie mehrere heraus. Da ist zum Einen die Tatsache, dass sie sich in der Diaspora im Kanton Bern befindet. Das Emmental ist ein Stammland der Reformierten. «Wir Katholiken sind die klare Minderheit und in Sachen Ökumene ist man auf die Offenheit des Gegenübers angewiesen.» In Sempach habe sie dies als selbstverständlicher erlebt, was aber im Emmental keineswegs mit böser Absicht zu tun habe, unterstreicht Mumbauer. Sie nennt als Beispiel die Sternsinger. «Wenn sie von Haus zu Haus ziehen, können sie schnell mal schräg angeschaut werden», erzählt sie und lacht. «Man kennt diesen Brauch in breiten Bevölkerungsschichten ganz einfach nicht.»

 

Gott spürt sie täglich

Dann und wann wird Aline Mumbauer in ihrer Kirchgemeinde auch als «Frau Pfarrer» angesprochen. Ein Gedanke, der ihr durchaus liegt. Doch wer nun eine Kirchenrechtskritik und ein vehementes Pochen auf Reformen erwartet, liegt falsch. Natürlich müsse sich die katholische Kirche verändern, und eine Priesterweihe für Frauen wäre wünschenswert. Aber: «Ich stimme nicht ein in ein Jammern über den Zustand der Kirche. Mein Ziel ist es, mit positiver Energie und Freude mit den bestehenden Strukturen das Beste zu machen», sagt sie bestimmt. Vieles könne man als Einzelperson im Dienste der Kirche nicht einfach ändern, gleichwohl aber seine Meinung vertreten. «Das wichtigste ist für mich, das Feuer in mir lodern zu lassen.» Gott erfahre sie jeden Tag in der Arbeit mit den Menschen in der Kirchgemeinde. «Und ich spüre immer wieder, dass er mich in meinem Wirken führt und trägt.»

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