Die gebürtige Sempacher Inlinerin Karin Gabriel liebt es, ihre sportliche Leidenschaft in einem Team auszuleben. Deshalb ist sie auch Mitglied im Inline-Team Flüss, das sie, die seit vielen Jahren berufsbedingt inUitikon Waldegg
gleich neben der Stadt Zürich
lebt, immer wieder zurück in die alte Heimat an den Sempachersee führt. So will sie auch diesen Sommer wieder mit den «Flüssern» unterwegs sein, nun, da dies mit den gelockerten Bestimmungen wegen der Corona-Pandemie wieder möglich geworden ist.
Virtuelles Teamtraining
Die Monate im Zeichen der Corona-Pandemie haben auch Karin Gabriel temporär zu einer Einzelsportlerin gemacht, die bei sich zu Hause trainieren musste. Doch die heutigen Kommunikationstechnologien machen es möglich, dass man dennoch nicht alleine sein muss. «Zwift» nennt sich eine App, die Lauf- und Velotraining in einer virtuellen Landschaft zusammen mit anderen ermöglicht. «Zusammen mit Freunden aus Südamerika, Europa und den USA habe ich mich auf dem Fahrrad von zu Hause aus in dieser virtuellen Welt bewegt und interagiert», erzählt die 38-jährige Karin Gabriel. Ein Trainer gab zudem fortlaufend Anweisungen. «Wir fuhren auch gemeinsame Rennen», erzählt sie weiter. Die vergangenen Wochen seien schon schwierig gewesen. «Ich schätze den Teamspirit am Inlinen und das Gefühl, mit anderen mit fliessenden Bewegungen und im Zusammenspiel mit dem Windschatten zu rollen, sehr. Inline ist ein gesunder Sport, er schont die Gelenke, weil harte Schläge fehlen.» Vorausgesetzt, man stürze nicht, ergänzt Gabriel und lacht. Nebst dem Inlineskaten trainiert sie auch auf dem Rennvelo oder betreibt Shorttrack.
Boomerjahre sind vorbei
Vor 20 Jahren ist Karin Gabriel zum Inlinesport gekommen. Damals hatte sie kurz Eishockey in Sursee gespielt. Nachdem sie sich am Rücken verletzt hatte, absolvierte sie auf der Rundbahn des Paraplegikerzentrums ihre ersten Runden. Dort lernte sie Leute vom Langlaufverein Flüss kennen, die auf ihren Rollerblades traniert hatten. Schnell hatte sie für das Inlineskaten Feuer gefangen und sich dem LLV Flüss, aus deren Mitte später ein eigenes Inline-Team hervorging, angeschlossen. «Wir trainieren und bestreiten nicht nur Rennen gemeinsam, sondern verbringen auch sonst gesellige Stunden zusammen, streicht sie einen Vorzug des Teams hervor, der über den Sport hinausreicht.
Inline sei auch ein Sport, den man ausüben könne, wenn man schon etwas älter sei. Das belegt auch das Durchschnittsalter bei den Inlinern des «Flüss, das bei rund 50 Jahren liegt. Es ist aber auch ein Indiz dafür, dass etwas der Nachwuchs fehlt, wie Karin Gabriel bestätigt. Ohnehin hat das Inlineskating nicht mehr die gleiche Bedeutung wie noch in den 80er- oder 90er-Jahren. Das zeigt sich etwa auch daran, dass die Swiss Skate Tour – eine Reihe von Inline-Rennen, die in eine Jahreswertung münden – nur noch fünf Rennen umfasst, darunter auch «Rollsport am Sempachersee». Früher waren es über zehn gewesen. «Am Berlin-Marathon, dem grössten Inline-Rennen, nehmen heute noch etwa 5000 Leute teil», erzählt Karin Gabriel. Früher seien es jeweils um die 12’000 gewesen, darunter viele Freizeitsportler, während heute die Inline-Wettbewerbe meist nur noch etwas für die «Angefressenen» seien.
Eine Langdistanz-Skaterin
Dazu zählt Karin Gabriel definitiv auch. Wöchentlich trainiert sie fünf- bis sechsmal auf den Inlineskates oder dem Rennvelo. Nebst der Swiss Skate Tour nimmt sie an etlichen anderen Rennen auf der ganzen Welt teil, entweder mit dem Inline-Team Flüss oder dem Inlineclub Greifensee, wo sie auch mitmacht. Ihre Paradedisziplinen sind die ganz harten Sachen: Marathons, Ultradistanzrennen und 24-Stunden-Wettkämpfe. Als grösste Erfolge bezeichnet sie ein paar 140-Kilometer-Rennen in den USA, die sie hatte gewinnen können. «Einmal kam es am Ende dieser Distanz noch zu einem Sprint, den ich für mich entscheiden konnte», blickt sie mit Freude zurück. In einem anderen Sprint hat es knapp nicht gereicht: An derMasters-WM der Kategorie für 30- bis 40-Jährige im Engadin schaute Rang 2 heraus.
Es war ihre erste WM, entsprechend war das Resultat ebenfalls ein ausserordentlicher Erfolg für Karin Gabriel.
Technik wird ihr wichtiger
Früher waren es in erster Linie die Kraft und die Ausdauer, die Karin Gabriel ganz nach vorne brachten. Heute legt sie ihren Fokus vor allem auf die Technik. «Mit einem runden, flüssigen und kraftsparenden Bewegungsablauf kann man auch noch mithalten, wenn man schon etwas älter ist», erläutert Karin Gabriel, die auch mit einem Coach, der für sie Trainingspläne erstellt, zusammenarbeitet. Vereinfacht gesagt zähle zu einer guten Technik, dass man das Gewicht bei den Skatingschritten verlagere, seitlich über alle Rollen gleichmässig abstosse und nicht zur Beschleunigung beim Skaten in die Knie gehe und hochwippe wie beim Langlauf. Das Material sei nicht mal so entscheidend, fügt sie an.
Informatik und Sport
Karin Gabriel hatte die kaufmännische Grundausbildung bei einem Reiseunternehmen gemacht. Im Verlaufe ihrer weiteren Tätigkeit nach dem Lehrabschluss rutschte sie in die IT-Abteilung und bildete sich dort weiter. Aktuell hat sie gerade ihre dreijährige Ausbildung in Wirtschaftsinformatik abgeschlossen. «Ich will jetzt dann wieder mehr trainieren», stellt sie bereits in Aussicht. Ihr nächstes grosses Ziel sind die Europa- und Weltmeisterschaften im nächsten Jahr. «Und an Marathons möchte ich mit der Elite mithalten können.»
Eine Profikarriere kam für sie jedoch nicht in Frage. Das hatte auch damit zu tun, weil zu ihrer Zeit, als sie in jungen Jahren voll auf das Inlineskaten setzte, kein Umfeld für diesen Sport als Beruf bestand. «So war es auch zu schwierig, sich die Leidenschaft mit genügend Sponsoren zu finanzieren.» Viele gute Inliner haben in den Eisschnelllauf gewechselt, so etwa auch der Schenkoner Livio Wenger.
Inlineregion Sempachersee
Diesen «superschönen Sport, den ich im Team mit anderen in prächtigen Landschaften ausüben darf», will Karin Gabriel also weiterhin als Hobby betreiben. Die Region Sempachersee sei übrigens prädestiniert fürs Inlineskaten, auch wenn noch ein Rundkurs um den See parallel zum Strassenverkehr fehle. «Es hat viele Velowege, die in coupiertem Gelände ohne gefährliche Abfahrten verlaufen.» Ideal also für Karin Gabriel, um ihrer Passion auch in ihrer alten Heimat zu frönen.