Sie ist vierfache Mutter und ausgebildete Pflegefachfrau und hat zwanzig Jahre lang in einem Altersheim gearbeitet. Heute ist sie angestellte Tagesmutter bei der Seevogtey Sempach. «Ich wollte mich noch einmal intensiver mit dem Anfang des Lebens und nicht mit dessen Ende beschäftigen», erklärt Judith Kaufmann. Die Kinderbetreuung sei für sie eine naheliegende Tätigkeit gewesen: Nebst ihren eigenen Kindern habe sie früher weitere Kinder von Bekannten und aus der Nachbarschaft betreut, das Haus sei immer voll von Kindern gewesen. «Jetzt, wo drei meiner Kinder ausgezogen sind, ist das Haus leer geworden. Seitdem ich nun 80 Prozent als Tagesmutter arbeite, ist das Haus wieder belebter geworden. Das ist ein schönes Gefühl.»
Kinderbetreuung als Fulltime-Job
Seit anfangs 2016 betreut Judith Kaufmann mehrere Kinder unterschiedlichen Alters. Die älteste Jugendliche, die sie am Mittagstisch betreut, hat bereits eine Lehre begonnen, der jüngste Sprössling, Mateo, ist zwei Jahre alt. «Es sind ganz unterschiedliche Zusammensetzungen: Während Mateo vier volle Tage die Woche bei mir ist, kommen andere nur halbtags oder an den Mittagstisch. Das verlangt den Kindern einiges an Flexibilität ab, bietet ihnen aber auch Chancen im Umgang mit anderen», erklärt die 59-Jährige. Ein Arbeitstag dauert für Judith Kaufmann in der Regel elf Stunden: Von der Abgabe am Morgen um ca. 7 Uhr bis abends um 18 Uhr, wenn die Eltern die Kinder wieder abholen kommen. Längere Pausen gibt es kaum. «Ja, die Kinderbetreuung ist ein Fulltime-Job. Es ist anstrengend, braucht Geduld – man lernt die Langsamkeit auf einer ganz anderen Ebene neu kennen – und manchmal auch Nerven aus Stahl. Aber was die Kinder mir tagtäglich zurückgeben, kommt für all dies wieder auf. Sie geben einem einfach so viel!»
Spiegel der Gesellschaft
Dass die Nachfrage nach Tagesfamilien stetig steigt, zeigen die betriebsinternen Zahlen der Seevogtey. «Vor zehn Jahren betreuten unsere Tageseltern 91 Kinder aus 64 Familien. Vor fünf Jahren waren es 122 Kinder aus 81 Familien und letztes Jahr 141 Kinder aus 93 Familien», so Betriebsleiterin Julia Rossmann. Mittlerweile sei es schwierig geworden, diesen grossen Bedarf zu decken, man sei auf zusätzliche Tagesfamilien angewiesen. «Unsere Tarife richten sich nach den finanziellen Möglichkeiten der Eltern, währenddessen die Tageseltern einen fixen Lohn erhalten. Dieser entspricht nicht einem Stundenlohn einer externen Tätigkeit», bilanziert Rossmann. Tagesmütter bei der Seevogtey sind im Angestelltenverhältnis mit einem definierten Stundenlohn tätig und entsprechend versichert. Bei Insolvenz eines Elternpaares ist die Lohnfortzahlung somit gewährleistet. «Der Tagesfamilienengpass ist der Spiegel unserer Gesellschaft: Das Betreuungsangebot hilft anderen Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf, gleichzeitig ist es nachvollziehbar, dass Frauen von der tiefen Entlöhnung abgeschreckt werden», erklärt Judith Kaufmann. Würde man diesen Gedanken weiterspinnen, würde dies bedeuten, dass in Zukunft, um den Bedarf an Kinderbetreuung zu decken, jede Gemeinde über mehr Kinderkrippen verfügen müsste. Für Judith Kaufmann ist dennoch klar: Sie hat ihre Berufung gefunden. Zu Hause in ihren eigenen vier Wänden arbeiten und dabei eine so wichtige Arbeit für die Gesellschaft ausführen zu können, erfüllt sie mit Glücksgefühlen. «Ich rate deshalb allen Frauen, denen es finanziell möglich ist und die den Umgang mit Kindern mögen, dies auch zu tun!»
Die Seevogtey braucht Verstärkung: Wenn Sie die Arbeit mit Kindern schätzen und in den Gemeinden Sempach, Sempach Station, Nottwil, Neuenkirch, Hildisrieden oder Eich wohnen, melden Sie sich für ein unverbindliches Gespräch bei Priska Huwiler und Trix Kamber, Tagesfamilienvermittlung 041 460 08 39, oder unter Betriebsleitung und Administration 041 460 14 34, info@seevogtey.ch.