Um auf den Wandel der Gesellschaft zu reagieren und mehr Flexibilität in der Nutzung zu erhalten, schwebt dem Kirchenrat Sempach eine Neugestaltung des Innenraums der Kirche St. Stephan vor (Ausgabe vom 19. November). Das Bistum Basel hat Bestimmungen für katholische Kirchenräume erlassen, die unter anderem auf Vorgaben des Kirchenrechts fussen. Darin heisst es, dass in einer Kirche als geweihter Ort nur das zugelassen werden dürfe, «was der Ausübung oder Förderung von Gottesdienst, Frömmigkeit und Gottesverehrung dient.» Verboten sei, was mit der Heiligkeit des Ortes unvereinbar sei. Geschrieben steht aber auch, dass dies dem Wandel unterworfen sei. Bis weit in die Neuzeit hinein sei das Kirchengebäude ein Vielzweckbau gewesen. Dann sei die vielfältige Nutzung bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts eingeschränkt worden. Nun habe sich diese Strenge aufgeweicht, hält das Papier fest.
Platz für gesellschaftliches Leben
Odo Camponovo, Präsident der diözesanen Bau- und Kulturkommission, die zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege bei der Neugestaltung des Kircheninnenraums in Sempach beigezogen wurde, sagt dazu: «Was an Kultur und Kunst in einer Kirche Platz hat, unterliegt vielfach Ermessensentscheiden.» Er erwähnt, dass mit den Gläubigen sorgfältig abgewogen und besprochen werden müsse, was möglich sein soll und was nicht in die Kirche passe.
«Die Anglikanische Kirche nutzt ihre Gotteshäuser vielfältiger», erwähnt Odo Camponovo, und zwar nach dem Grundsatz, dass das Leben der Pfarrei darin Platz haben dürfe. «Das finde ich eine gute Faustregel. Konzerte von Musikvereinen, klassischen Ensembles, Jodel- und anderen Chören gehören zum Leben eines Dorfes oder einer Stadt.» Ohne jemanden ausschliessen zu wollen, seien aber beispielsweise Heavy-Metal-Konzerte viel problematischer, und diese würden wohl von den Gläubigen auch nicht als angemessen betrachtet werden, schiebt er nach.
Altar schieben eingeschränkt
Was die Verschiebung von Kirchenmobiliar wie Altar oder Ambo betrifft, legen die Bestimmungen des Bistums fest, dass ein Altar den Mittelpunkt bilden solle, und auch von einem feststehenden Ambo ist die Rede. Altar und Ambo seien zentrale Orte in der Kirche und dürften bei sekundären Nutzungen den Altarraum nicht verlassen. Beim Altar wird eine Verschiebung aber nicht explizit ausgeschlossen. Das Bistum Basel toleriere eine solche aber lediglich entlang der Längsachse.
Die Erfahrung zeige, dass verschiebbare Altare, wenn sie nicht ganz leicht seien, schon bald kaum mehr bewegt würden, heisst es weiter. Die oft aufwendigen Mechanismen würden sich als Fehlinvestitionen erweisen. Odo Camponovo hält fest: «Ein Altar hat auch von der liturgischen Bedeutung her viel Gewicht in einer Kirche. Entsprechend darf man von Musikern oder Sängern auch eine gewisse Flexibilität erwarten, sollten sie sich einmal um einen Altar herum positionieren müssen.»
Kein Ersatz für fehlende Räume
Hier hakt auch Gebietsdenkmalpfleger Marcus Casutt ein. «Die Kirche St. Stephan ist ein prächtiger und imposanter sakraler Bau, der unter kantonalem und Bundesschutz steht.» Auch wenn ein Kirchgemeindehaus oder geeignete Sitzungsräume in einem Pfarrhaus fehlen sollten, sei eine Kirche nicht als Ort für solche Versammlungen zu verstehen. In seinen Augen sind auch wechselnde Raumaufteilungen nicht möglich. Denkbar sei aber, im vorderen Bereich mehr Platz zu schaffen und Anpassungen am Altarbezirk vorzunehmen. «Das ist auch im Verlaufe der Kirchengeschichte schon passiert.» Auch Stühle statt Bänke seien allenfalls möglich in einem gewissen Bereich in der Kirche. Das bestätigt Odo Camponovo, weist aber darauf hin, dass sie aus feuerpolizeilichen Gründen miteinander verbunden sein müssten, was einen gewissen Aufwand mit sich bringe, wechsle man die Bestuhlung öfters.
Im Gespräch bleiben
Odo Camponovo von der diözesanen Bau- und Kulturkommission und Gebietsdenkmalpfleger Marcus Casutt unterstreichen beide, dass man sich noch in einer frühen Phase im Hinblick auf eine veränderte Innenraumgestaltung der Pfarrkirche Sempach befinde. «Der Findungsprozess hat erst begonnen», sagt Casutt. Und Odo Camponovo ergänzt, dass man von Anfang an Wert darauf gelegt habe, miteinander an das Gespräch zu suchen.
Kirchgemeinde: Darum gehts
Geschäfte Die Kirchgemeinde Sempach versammelt sich am Montag, 30. November, um 20 Uhr in der Pfarrkirche St. Stephan, wo es unter anderem um einen Planungskredit von 220‘000 Franken für die Innenraumgestaltung der Pfarrkirche geht. Wie unsere Zeitung in der Ausgabe vom 19. November berichtete, ist nebst Sanierungen und Erneuerungen der Heizung, Beleuchtung und Tonanlage auch angedacht, den Kirchenraum für kirchliche Anlässe flexibler zu nutzen und vermehrt für kulturelle Anlässe wie Konzerte, Vorträge oder Ausstellungen zu öffnen. Kirchenratspräsident Josef Muff bringt im Bereich zwischen Kreuzgang und Podest zum Chor eine flexible Bestuhlung ins Spiel. Zudem soll das Podest vor den ebenfalls angepassten Treppenstufen vor dem Altar vergrössert werden.
Als weitere Traktanden behandelt die Kirchgemeinde den Baurechtsvertrag mit der Sozialen Wohnbaugenossenschaft Martinsrain für die zweite Etappe Martinshöhe für das Haus 3 mit 30 Wohnungen sowie den Investitionsantrag über 15,4 Millionen Franken für das Haus 4 mit ebenfalls 30 Wohnungen, das die Kirchgemeinde selber bauen will. (wir berichteten). Das Budget 2021 rechnet mit einem Ertragsüberschuss von rund 42‘000 Franken bei einem gleichbleibenden Steuerfuss von 0.24 Einheiten.