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Neuenkirch

«Der Ton ist nicht immer respektvoll»

Geri Wyss 22. Oktober 2018

Die beiden Neuenkircher Kantonsräte Jim Wolanin und Roger Zurbriggen blicken auf ihre erste Legislatur zurück. Sie verraten, wie gross sie ihren Einfluss einschätzen, was sie ärgert und wofür sie sich in erster Linie einsetzen im Kantonsparlament.

Bald endet eine weitere Legislatur im Luzerner Kantonsrat. Für die beiden Neuenkircher Jim Wolanin und Roger Zurbriggen waren es die ersten vier Jahre im Parlament. Im Interview schauen sie auf die Zeit zurück und sagen auch, mit welchen Gefühlen sie auf die Wahlen vom 31. März blicken.

Welches Fazit ziehen Sie von Ihrem bisherigen Wirken im Kantonsrat?
Jim Wolanin: Ich habe die Legislatur als spannend und intensiv erlebt. Auch wenn man nur einer von 120 Parlamentariern ist, kann man sehr wohl mitwirken und mitgestalten, wenn man sich entsprechend einsetzt.
Roger Zurbriggen: Ich bin als Quereinsteiger in die Kantonspolitik gekommen. Für mich wars auch eine sehr ergiebige Legislatur und vor allem eine lehrreiche Zeit. Die eigentliche politische Arbeit findet in der Vorberatung innerhalb der Fraktion und in den Kommissionen statt. Dort hat man am meisten Mitgestaltungsmöglichkeit.
Jim Wolanin: Meiner Meinung nach ist auch der überparteiliche Austausch für das Finden einer Entscheidung ausschlaggebend.

Wie erlebten Sie die Prozesse der Entscheidungsfindung und den Ratsbetrieb?
Roger Zurbriggen: Während der Kantonsratsdebatte sind die Meinungen in der Regel gemacht. Die eigentliche politische Diskussion und allfällige Kontroversen laufen innerhalb der Fraktion und in den Kommissionen ab.
Jim Wolanin: Eine gewisse Polarisierung ist im Kantonsrat feststellbar. Es gibt Parlamentarier, die sind bei gewissen Themen zum Vornherein entweder dafür oder dagegen.

Kann denn während einer Kantonsratsdebatte eine Parteimeinung noch kippen?
Jim Wolanin: Das kommt eigentlich nicht vor, aber wenn innerhalb des politischen Prozesses beispielsweise neue Sachinformationen ein anderes Licht auf ein Geschäft werfen, muss man seine Meinung hinterfragen können.
Roger Zurbriggen: Was mir auffällt, ist die starke Oppositionsrolle der SP. Ich glaube, das ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Linkspartei nicht mehr in der Regierung vertreten ist. Es gibt Stimmen, die die Linken wieder in der Exekutive eingebunden sehen möchten.
Jim Wolanin:  Ich setze aber ein Fragezeichen, ob prinzipielle Gegner oder Befürworter sich dann anders verhalten würden.

Wenn bei den Kantonsratsdebatten die Fraktionsmeinungen schon klar sind, weshalb tagt man denn noch?
Jim Wolanin: In erster Linie ist es für das Protokoll sowie die Tribüne und die Presse. Das ist auch in Ordnung so, denn es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit ihre Vertreter und deren Meinungen wahrnehmen kann.
Roger Zurbriggen: An einer Session wird abschliessend ausgemehrt. Je nach Geschäft können Entscheidungen sehr knapp ausfallen, trotz der langen politischen Ausarbeitung und Auseinandersetzung. Und das macht die Kantonspolitik auch spannend.

Gibt es dennoch dann und wann Überraschungen?
Roger Zurbriggen: Ja, wenn auch selten. So hatte ich vor längerer Zeit einmal einen Vorstoss durchgebracht, bei dem ich die Regierung die Zusammenlegung der gymnasialen und kommunalen Musikschulen prüfen lassen wollte. Das Ganze hatte dann die nicht unbedingt vorhersehbare Dynamik angenommen, dass die Regierung von sich aus die Zusammenlegung fixfertig in die Aufgaben- und Finanzreform 2018 aufgenommen hat, welche die Zuständigkeiten von Gemeinden und Kanton regelt.
Jim Wolanin: Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Ich hatte einmal einen Vorstoss angekündigt, dann aber darauf verzichtet und hinter den Kulissen mit den zuständigen Stellen an einer Lösung gearbeitet. Als diese beinahe stand, reichte ein anderer Kantonsparlamentarier einen fast gleichlautenden Vorstoss ein. Das war natürlich nicht gerade Fairplay, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen und sich dann ins Rampenlicht zu stellen, hat aber letztlich der Sache nicht geschadet. Ich musste erfahren, dass so etwas halt denkbar ist in der Politik.

Welche Höhepunkte haben Sie erlebt?
Jim Wolanin: Wenn Leute mit einem Anliegen an mich gelangen und ich später eine Lösung dafür finden kann, sind das immer kleine Höhepunkte. So konnte ich etwa via Verordnungsänderung erreichen, dass das Kitesurfen auf dem Sempachersee möglich wurde, um nur ein Beispiel zu nennen. Es braucht nicht immer einen Vorstoss.
Roger Zurbriggen: Für mich war sicherlich im zweiten Jahr der Legislatur das Bürgerrechtsgesetz ein Höhepunkt, an dessen Ausarbeitung ich in der staatspolitischen Kommission mitberaten konnte. Später war ich auch CVP-Sprecher im Rat. Ich lernte den ganzen Prozess von der Ausarbeitung bis zum Parlamentsentscheid kennen und wuchs so in den Ratsbetrieb hinein.

Wie stark können Sie sich als Kantonsrat für ihre Wohngemeinde und für den Raum oberer Sempachersee einsetzen?
Jim Wolanin: Im Kantonsrat werden in der Regel Entscheidungen getroffen, die eine übergeordnete Flughöhe beinhalten. So hat beispielsweise ein Polizeigesetz keine spezifisch kommunale Auswirkung. Für Anliegen der Gemeinden setze ich mich in erster Linie bei der Verwaltung, Regierung und bei hohen Beamten des Kantons ein.
Roger Zurbriggen: Oder man nimmt wie schon erwähnt Anliegen der Bevölkerung auf. Wir beiden Kantonsräte sind via Mail oder Telefon erreichbar und prüfen alle Anregungen. Uns liegt aber nicht nur Neuenkirch am Herzen. So treffen wir uns beispielsweise mindestens einmal im Jahr mit dem Stadtrat Sempach.

Wie erleben Sie die Umgangsformen im Parlament?
Jim Wolanin: Es ist schon zu beobachten, dass Votanten etwas aus dem Zusammenhang reissen und generalisieren, um mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. Man sollte immer versuchen, sachlich zu bleiben. Der Umgangston ist nicht in jedem Fall respektvoll.
Roger Zurbriggen: Es fällt besonders auf, dass die Linke ein gespanntes Verhältnis zur Regierung hat. Deshalb kommt es immer wieder zu Vorwürfen und unschönen Szenen, etwa, wenn das ungeschriebene Gesetz gebrochen wird, dass die Regierung bei einem Geschäft das letzte Wort hat.
Jim Wolanin: Teile der Bevölkerung haben auch etwas das Vertrauen in die Regierung verloren, weil sie Entscheide nicht nachvollziehen können.
Roger Zurbriggen: Das ist sicher auch eine Frage der Kommunikation, doch daran kann man immer arbeiten, wie auch an der Verbesserung der politischen Kultur.

Mindestens einmal im Jahr laden Sie zu einem Feierabendbier ein, bei dem sich die Bürgerinnen und Bürger in ungezwungenem Rahmen mit Ihnen austauschen können. Wie ist die Resonanz?
Jim Wolanin: Die Veranstaltungen sind eher mässig besucht, obwohl wir das Bier ja in der Regel bezahlen (lacht). Unsere Türen stehen aber immer offen, nicht nur beim Feierabendbier.
Roger Zurbriggen: Ich bin überzeugt, dass man in der Gemeinde überparteilich zusammenarbeiten muss. Deshalb planen wir beispielsweise während des Wahlkampfes auch wieder gemeinsame Auftritte in allen drei Ortsteilen.

Stichwort Wahlen. Welche Chancen auf die Wiederwahl rechnen Sie sich aus?
Roger Zurbriggen: Wie schon vor den letzten Wahlen werde ich wieder eine Kampagne im ganzen Wahlkreis durchführen. Eine Wahl steht und fällt mit der Bekanntheit und auf den Bisherigen-Bonus darf man sich nicht verlassen.
Jim Wolanin: Meine Hoffnung ist es, dass die Wähler auch nach dem Leistungsausweis der vergangenen vier Jahre urteilen. Die Gefahr einer Abwahl besteht natürlich immer, aber verlieren gehört zum Leben. Wir sind um jede Unterstützung dankbar und sind motiviert, uns weiterhin für Neuenkirch und den Kanton einzusetzen.

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