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Ungewisse Zukunft für Kälbermäster

Geri Wyss 23. Januar 2019

Der Sempacher Landwirt Stefan Fleischlin produziert Kalbfleisch nach den Standards von Coop Naturafarm. Unsere Zeitung besuchte den geräumigen Stall und sprach mit dem Fleischproduzenten, der die Hoffnung auf einen Mehrwert dank des hohen Tierwohls und der Qualität des Fleisches nicht aufgibt.

Der Schock bei den Landwirten, die Kalbfleisch nach den Anforderungen des Kalbfleischlabels Naturafarm von Coop produzieren, sass tief. Der Detailhändler kündigte kürzlich an, auf 2020 das Label Naturafarm beim Kalbfleisch einzustellen. Künftig soll es nur noch ein tierfreundliches Kalbfleischlabel bei Coop geben, Natura Veal. Bei den Kalbfleisch-Produzenten, die nach den Richtlinien von Coop Naturafarm (CNf) ihre Tiere halten, war der Aufschrei und die Empörung gross. Viele Landwirte hätten viel Geld in ihre Ställe investiert, um die Anforderungen von CNf erfüllen zu können. Zudem, wurde moniert, zahle Coop an die Landwirte einen vergleichsweise geringen finanziellen Mehrwert aus, währenddem das Fleisch zu einem zigfach höheren Preis in den Regalen stehe. Das sei der wahre Grund für die von Coop angeführte rückläufige Nachfrage seitens der Konsumenten.

 

Hoffen auf einen Mehrwert

Stefan Fleischlin aus Sempach ist einer der Landwirte, welche Kälber nach den CNf-Richtlinien halten. Diese besagen, unter anderem, dass die Kälber ständig Auslauf haben, in Gruppen gehalten werden und permanenten Zugang zu Wasser haben müssen und das Futter gentechfrei sein muss. Auch gibt es unangemeldete Kontrollen, etwa vom Schweizer Tierschutz. Viel helles Licht haben die Kälber in Fleischlins Stall, und ausreichend Platz, «3,5 Quadratmeter pro Tier beim Einstallen», wie der Sempacher Landwirt präzisiert, «und ab der 11. Woche, wenn einige Tiere weggebracht werden, 4,5 Quadratmeter». Stefan Fleischlin streut gerade frisches Stroh ein. Diese Tiere haben es gut, denkt der Betrachter, auch wenn ihnen nur ein relativ kurzes Leben beschieden ist, bis sie in den Schlachthof müssen. Doch bis dahin bekommen sie gesundes Futter und erfreuen sich an der Lauffläche im Freien.

«Im ersten Moment war das Unbehagen schon gross», blickt Stefan Fleischlin auf den Moment zurück, als Coop den Rückzug des CNf-Labels öffentlich machte. «Mittlerweile sehe ich eher Licht am Horizont.» Das hat damit zu tun, dass der Vermarkter von Fleischlins Kalbfleisch, die Rickenbacher Firma Gefu Oberle Gruppe, mit Hochdruck nach Lösungen für den künftigen Absatz des Fleisches sucht. «Ich denke, dass die Haltung von Tieren in Ställen mit viel Platz und mit Auslauf nach wie vor einem Bedürfnis der Konsumenten entspricht», sagt Stefan Fleischlin. Die Frage ist, wie viel Geld die Landwirte von den Detailhändlern für ihre Tiere künftig erhalten werden. «Ich sehe noch eine Chance auf einen gewissen Mehrwert», hofft Stefan Fleischlin.

 

Ist das Fleisch einfach zu teuer?

Er sei gerne bereit, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. «Mein Ziel ist es, dass es den Tieren immer gut geht», fügt der Sempacher Landwirt an, der vor dem Umbau seines Stalles 2016 in der Grössenordnung von 380’000 Franken Mutterkühe gehalten hatte. Er brauche aber eine gewisse Sicherheit, welche ihm die Konsumenten geben könnten, wenn sie Schweizer Fleisch aus tiefreundlicher Haltung kauften. «Das hat seinen Preis», hält Fleischlin fest, doch es gebe nun mal auch viele Menschen, die in erster Linie aufs Geld schauten und sich vielleicht auch teureres Fleisch gar nicht leisten könnten.

Auf den hohen Preis von Label-Fleisch angesprochen, räumt auch er ein, dass, wer sparen müsse, solche Produkte kaum einkaufe. «Ich nehme es Coop auch nicht ganz ab, dass die Nachfrage beim Naturafarm-Kalbfleisch grundsätzlich so stark zurückgegangen ist. Der Konsument ist vielleicht auch abgesprungen, weil das Fleisch wirklich recht viel kostet.»

 

Finanzielle Einbussen

Auch beim Naturafarm-Schweinefleisch hat der Detailhändler Coop Einschränkungen angekündigt. Per 2020 soll die Menge um 30 Prozent verringert werden. Stefan Fleischlin, der zusammen mit einem benachbarten Landwirt Naturafarm-Schweine für Coop mästet, ist zuversichtlich. «Wir werden das Fleisch sicher vorderhand weiterhin an Coop liefern können, mit gewissen finanziellen Einbussen.»

 

Lösungen bis Mitte Jahr

Der Vermarkter von Stefan Fleischlins Tieren, die Gefu Oberle Gruppe, führt mit Gefu Swisskalb ein eigenes Label, mit «höchstem Tierschutz- und Qualitätsstandard», wie Inhaber Jörg Oberle ausführt. Er erachtet die Chance, dass Stefan Fleischlins Produkte künftig über dieses Label bei Coop zu ähnlich guten Konditionen wie beim Naturafarm-Label verkauft werden kann, allerdings als «sehr klein». Klar ist für ihn, dass der Stall von Stefan Fleischlin alle Tierschutzanforderungen erfüllt. Aber: «Ob ein Abnehmer künftig für unser hohes Tierwohl oder für die CO2-neutrale Fütterung einen Mehrpreis zahlen wird, ist offen. Sicher ist, dass der CNf-Zuschlag bei Weitem nicht mehr bezahlt werden wird.» Oberle verspricht: «Wir werden in diesem Jahr am Markt neue Möglichkeiten suchen. Wir sind zuversichtlich, dass wir bis Mitte Jahr den Landwirten eine gute Nachfolgelösung anbieten können.» Dabei hat er nicht nur Coop im Kopf. Man hoffe, dass man auch mit anderen Detailhändlern ins Geschäft kommen könne.

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